Welches Bild darf es sein?

Takki.JPGEigentlich hat mich ja die ganz große Blog-Müdigkeit voll erwischt, obwoh les immer wieder Themen gibt, über die ich mir vorstellen könnte zu schreiben. Zum Beispiel die Headline, in der BILD die unfassbare Raketendummheit besitzt (my point of view), Herrn Weselsky vorzuwerfen, dass er auf der Autobahn mal gedrängelt hat… was für Menschen sind das, die aus sowas eine Überschrift und einen Artikel bauen und was sind das für… Leute in der Chefredaktion, die sowas auch noch drucken lassen!?

Aaaber… alls noch nicht so schlimm, wie der Artikel, der heute bei Spiegel Online erschien. Meine Empörung speist sich so ein bisschen aus dem Problem, wenn Erwartungshaltung und dargereichtes Produkt nicht so ganz deckungsgleich sind. Auf der Website stand die Überschrift „Überwachung? Kann ich nicht mehr sehen„. Ich sage vorab, dass ich darüber die Zeile „Bilder zu Netzthemen“ nicht gelesen habe. Das war mein Fehler, gebe ich zu.

Der Kontext in dem dieser Artikel steht, bzw. dessen Rahmung ist: Die Klickzahlen für das Thema Netzpolitik / Überwachung sind (zu) gering, obwohl wir doch alle die Gelackmeierten sind. Den Rahmen finde ich klasse, da lässt sich sicherlich fein drüber diskutieren – nur macht SPON das nicht, sondern nur bzgl. der Bebilderung ihrer Artikel. Und fragt tatsäschlich, wie die Artikel in Zukunft bebildert werden sollten. Machen wir die Antwort kurz: Katzenbilder und Katzenvideos! Eskalationsstufe zwei: Brüste! Eskalationsstufe drei: Man hält sich einfach an das (bemerkenswerte) Gespräch von John Oliver mit Ed Snowden und zeigt private Penisfotos. Da brauche ich keine Leserbefragung, wenn ich in der Redaktion meine, dass die NSA-Zentrale als Bild nicht mehr ausreicht, damit die Leute klicken.

Aber ist das wirklich ein Artikel, den SPON veröffentlichen möchte? Nochmal kurz zum Herausgeber: Es handelt sich um SPIEGEL ONLINE!!!!!! Nein, nicht die Vereinszeitung vom Tennisclub Rubbelhöhe in Klein-Istmirwurscht-Dorf, die danach fragen, ob man auf der Speisekarte das entsprechende Tier abbilden soll, was gleich neben Pommes und Broccoli auf dem Teller landet!

Ich habe aber noch einen Tipp an SPON und alle anderen Medien da draußen, die immer wieder Artikel über Politikverdruss schreiben, sich wie hier über niedrige Klickzahlen beklagen oder wundern, dass ihnen soviel Misstrauen bzw. Unmut entgegen gebracht wird. Liebe Redaktionen: Werdet eurer Rolle gerecht(er). Es ist ja wirklich toll, dass ihr schreibt, dass die Kanzlerin nun unter Druck geraten muss, wegen (z.B.) dem No-Spy-Abkommen, aber Ihr seid es, die sie unter Druck setzen müsst und vor allem Konsequenzen einfordern müsst (Bitte aber nicht so eine Wulf-Kampagnen-Skandalisierung)! Fairness, tiefe Recherche und Graustufen sind dabei ausdrücklich erwünscht!

Gefühlt macht Ihr es euch einfach zu bequem bei den Hinterzimmergesprächen mit den Politikern und wollt es euch mit denen natürlich nicht verscherzen – nachvollziehbar ist das. Der richtige Weg ist es nicht. Das merkt Ihr gerade an den Klickzahlen bei komplexen Themen. Und daraus abgeleitet: Erklärt öfter, besser, mehr!

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Bildreferenz: „Takki“ von Benutzer: Benny der 1. – Der Kater meiner Exfreundin entspannt sich auf einer Couch. Anmerkung: Trotz Trennung keinerlei Änderung an der Lizenz, in beiderseitigem Einvernehmen. —Gruß, Benny Sprich Dich aus… Bewerte mich! 16:43, 29. Sep. 2010 (CEST). Lizenziert unter Bild-frei über Wikipedia.

 

Spiegel-Kommentar-Kommentar

Trotz der Gefahr, dass ich mich wegen wenig Recherche und Polemik auf das Niveau eines Boulevard-Blattes begebe… ich möchte dringend diesen Spiegel-Kommentar… ähm… kommentieren.

Nach einer etwas elitären, wohl ironisch gemeinten Einleitung (fail), schreibt dort der Autor:

Parlamentarier arbeiten viel (jedenfalls im Regelfall), sie stellen sich in den Dienst der Allgemeinheit, und dafür haben viele von ihnen sogar einen deutlich lukrativere Stelle verlassen. Wenn wir gute Leute im Bundestag haben wollen, die ihren Job ernst nehmen, müssen wir sie auch anständig bezahlen. Höhere Diäten? Aber sicher! Und übrigens: Gerne können sie künftig auch automatisch an die Lohn- und Gehaltsentwicklung in Deutschland angepasst werden. Das macht die Sache ein Stück transparenter.

Nun… ich liiiiebe diese Argumentation, denn sie ist Quatsch! Genauso wie Politiker stellen sich zahlreiche Berufsgruppen wie Müllmänner, Lehrer, Krankenschwestern und… Krankenbrüder(?) in den Dienst der Allgemeinheit. Dabei verdienen sie deutlich schlechter und können sich vor allem nicht über eine Lohnsteigerung von ca. 20% in den letzten 14 Jahren freuen. Denn, das vielleicht mal zur Erläuterung, um 2000 herum, verdienten die Parlamentarier noch etwa 6.000 Euro, jetzt 8.200 Euro. Und noch kurz der Ausflug zur Altersvorsorge, die ja im Kontext der Diätenerhöhung gesenkt wurde: Sie wurde von 67,5% auf 65% gesenkt. Der „normale“ Arbeitnehmer, darf sich über ca. 43% „freuen“. Also mal generell: Fühlt sich das fair an?

Aber ich wollte eigentlich etwas zur Argumentation schreiben. Dort formuliert der Autor, viele Politiker hätten eine deutlich besser dotierte Stelle für das Amt verlassen. Zunächst einmal, kann ich mich nicht erinnern, dass sie irgendwer dazu gezwungen hat. Die Entscheidung haben sie – in Einzelfällen auch glücklicherweise – freiwillig getroffen. Und ich vermute, sie wussten, worauf sie sich eingelassen haben. Und eigentlich ist genau das der richtige Weg, dass Menschen nicht wegen des tollen Gehalts sondern wegen einer Menge Idealismus in die Politik wechseln, weil sie einen gewissen Machtanspruch (man sollte das Wort nicht per se dämonisieren) haben und vor allem den Willen, Prozesse und Gesetze im Land zu verbessern. Ich glaube, Politiker, die wegen des Geldes im Parlament sitzen, braucht kein Mensch.

Und es geht auch gar nicht darum, dass wir die Politiker nicht „anständig“ bezahlen wollen. Das ist eine sehr eigenartige, kurze stammtischartige Argumentation. Ich glaube, selbst wenn die Herrschaften 6.000 Euro bekämen, wären/sind sie im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung noch sehr anständig bezahlt. Es behauptet aber doch auch niemand, dass man die Politiker unanständig bezahlen will… unanständig wenig. Die Arbeitsleistung, die ein Politiker erbringen muss, ist sicherlich mindestens zeitlich anspruchsvoller als das was so mancher von uns leisten muss. Dazu kommt auch ein gerüttelt Maß Verantwortung, keine Frage. Aber dafür haben sie halt auch die Gestaltungsmacht, die viele insbesondere in diesem Maße nicht haben. Und wir wollen das Fass nicht aufmachen, wie viel Verantwortung ein lehrer oder eine Krankenschwester trägt…

Zuletzt möchte ich noch die Behauptung des Autors in Frage stellen, die Kopplung der Politikergehälter an die Gehaltsentwicklung in Deutschland seie transparent. Darauf muss man ertsmal kommen! Die Gehaltserhöhungen finden nach geplanter Regelung in Zukunft automatisch statt – und vor allem auch ohne Diskussion. Mal ganz davon abgsehen, dass bei z.B. 1,5% Lohnsteigerung in Deutschland sich bei einem Gehalt von 8.200 Euro schon „geiler“ anfühlen als bei einem Gehalt von 1.200 Euro. Da geht die Schere doch ganz klar auseinander, das wird zwingend unverhältnismäßig. Aber es geht mir um die Transparenz! Es ist viel transparenter, immer wieder über Diätenerhöhungen zu diskutieren, statt sie nebenbei steigen zu lassen. Und man darf hier den Parlamentariern durchaus auch unterstellen, dass sie mit dieser automatischen Steigerung ihrer Bezüge genau diese transaprente Diskussion in Zukunft umgehen wollten. Japp, behaupte ich!

Im zweiten Teil des Spiegel-Kommenatrs geht es um mangelhafte Transparenz der Nebeneinkünfte. Ja da stimme ich dem guten Mann zu, die darf und muss man kritisieren. Wobei ich mich schon wundere, wenn er oben davon schreibt, wieviel die Politiker arbeiten und dann unten nicht in Frage stellt, wie sie für ihre Nebeneinkünfte überhaupt noch Zeit haben…

Generell habe ich gar kein Problem damit, die Diäten von Politikern mal genauer anzusehen und ggf. auch zu erhöhen. Trotz allem Idealismus und auch der Machtfülle, die mit dem Amt einhergeht, darf man das entsprechend entlohnen. Aber so wie es geplant ist, erscheint es – auch abseits von Stammtischdiskussionen – doch höchst fragwürdig in Höhe der Diäten, der Altersversorgung und auch der geplanten Kopplung an die Gehaltsentwicklung in Deutschland.

Es ist einfach hirnrissig, Politiker selber über ihr Gehalt bestimmen zu lassen. Das muss generell (ob Politiker oder nicht) einfach schief gehen. Selbst wenn von 10 Angestellten, neun sich selber ein vernünftiges Gehalt zuordnen, wird sicherlich der Zehnte einfach mal auf die Kacke hauen und bei der nächsten Gehaltsverhandlungsrunde einer nach dem anderen der anderen neun umfallen, und sich in Zukunft auch den Urlaub auf den Malediven leisten wollen. Das ganze Konstrukt muss hier mal überdacht werden, genau in diese Richtung sollte man die Debatte mal schieben.

Der Spiegel liest Twitter

Aus gegebenem Anlass – einer kurzen einvernehmlichen Diskussion mit einem Kollegen – entsteht dieser kurze Eintrag in meinem Blog. Und am Ende gibt es noch eine kurze Einschätzung zum Erfolg von Paid-Content im Nachrichtenportalbereich.

Gestern haben sich Frau Slomka vom ZDF und Super-Siggi von der SPD kurz live im TV gestritten. Wäre nun gar nichts los auf dieser Welt, wäre das tatsächlich und ganz vielleicht eine Meldung in einem seriösen Nachrichten-Online-Medium wert. Gut vielleicht wäre es in jedem Fall unter der Rubrik „Buntes“ oder „Panorama“, „Klatsch und Tratsch“ okay, den Disput zu erwähnen und das zugehörige Video zu verlinken. (übrigens wird das Video dem Hype der Texte bei SZ, Spiegel und FAZ allerdings dann doch nicht gerecht wird – deswegen verlinke ich es auch nicht)

Nun pflichtete ich – und ich komme zu aktuellen Anlass – meinem Kollegen bei, der sagte, dass solch ein Quatsch eigentlich nur ins Internet „gedruckt“ wird, damit sich auf der entspechenden Seite möglichst oft etwas tut, sie nicht zu statisch rüberkommt. Der Spiegel tut es nun diversen TV-Sendungen gleich, die meinen, es wäre mehrwertig, etwas aus Twitter vorzulesen. Er nutzt seine Storify-Lizenz – da kann man ganz flink per Drag’n’Drop schicke Timelines zb. mit Twitter-Einträgen und eigener URL erstellen – und druckt… Kommentare von Twitterusern ab. Ernsthaft… und völlig humorbefreit in der Rubrik „Poltik/Deutschland“. Hier das Beweisfoto vom Tatort:

spontwit

Ich wundere mich doch immer wieder, dass Journalisten einfach nicht verstehen wollen, dass:

  1. nicht alles worüber in Blogs und bei Twitter, Facebook usw. gebrabbelt wird auch nur ansatzweise Nachrichtenwert hat.
  2. diese Art der Berichterstattung und die Fokussierung auf möglichst viel Action auf der Seite = PageImprressions irgendwann auch mal dem Verlag schadet.

In diesem Fall:

Lieber Spiegel, wenn mich tatsächlich interessiert, was bei Twitter über das gestrige Wortgefecht zwischen Super-Siggi und Frau Slomka geschrieben wird, nutze ich einfach die auf Twitter wenig versteckte – will heißen: gut sichtbare – Suchfunktion. Und zack, komme ich zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Oder ich benutze dieses Google… und eigentlich wäre das sogar besser, denn eigentlich wolltet ihr eure Presseerzeugnisse da ja nicht mehr anzeigen lassen. Oder so ähnlich, nicht wahr?

Aber mal Ernsthaft:

Klar, es gibt immer eine wichtigere Ereignis auf der Welt, über das man berichten könnte. Und ab und zu mal etwas Triviales, aufheiterndes über Beckham, Brangelina und co. ist ja auch vollkommen in Ordnung… aber in diesem Fall kommt im Vergleich ein Thema nun wirklich viel zu kurz.Und das darf man den Medien dann schon vorwerfen.

Ich wünsche mir dass die Verlage und Redaktionen (wie man denn will) den unendlichen Platz im Web nutzen, um zum Beispiel zu schreiben, wie es gerade auf den Phillippinen ausschaut, statt bei Twitter. Klar, das ist teurer und aufwendiger und vermutlich schlagen dann nicht mehr minutenweise Meldungen auf der Homepage ein und vermutlich klicken den Artikel auch weniger Menschen an. Aber zu meinen, sich über solche Quatschtexte wie oben genannt mit Paid-Content finanzieren zu können ist hanebüchen! Und japp, damit irgendwann mal eine relevante Anzahl menschen Paid-Content-Abos abschließt, muss man in Vorleistung gehen. Ich glaube – ach was – ich bin mir sicher, dass die Leute, die mit Freude nur Berichte wie den Twittervorleser hier konsumieren, kein Geld zahlen um die Paywall zu überwinden. Also helfen die jetzt generierten Klicks langfristig gar nicht, sie schaden eher, denn sie versauen das Image, die Reputation.

Denn zumindest ich zahle nur dann für Content, wenn ich eine Ahnung habe, dass da auch was Vernünftiges bei rum kommt. Wenn ich damit rechnen muss, dass mir der Spiegel (oder andere Medien) für mein Geld Twitter vorliest… nein Danke!