Ton, Steinbrück, Scherben

Für Peer Steinbrücks SPD soll also „Gerechtigkeit“ das Schlagwort bzw. Motto des kommenden Wahlkampfes sein/werden. „Hmm…“, denk ich mirzuerst „was eine hohle Worthülse“, denke ich weiter. Gerechtigkeit ist ein Begriff, den jeder für sich selber definiert. Was ich für gerecht halte, muss für den Nachbarn noch lange nicht gerecht sein. Das macht das Motto – meiner bescheidenen Meinung nach – so schlecht. Es ist nicht glaubwürdig und auch überhaupt nicht griffig. Für jeden etwas anderes, man kann sich schwer mit anderen Menschen inhaltlich darüber unterhalten.

Wenn man dagegen mal den  Obama-Slogan  „Yes we can“ setzt, sagt der natürlich auch inhaltlich gar nichts aus, aber er spricht jeden Wähler an, „ja ich kann was erreichen“ und was das ist, bleibt mir selber überlassen. Größer noch, es bleibt uns, der Gesellschaft überlassen. Wir können etwas erreichen. Hier ist die Gefahr zu enttäuschen viel geringer, weil hier nicht Gerechtigkeit versprochen wird, sondern die Gesellschaft könnte – wenn sie denn wollte – Gerechtigkeit selber erreichen. Leider funktioniert so ein Spruch in Deutschland nicht, dafür fehlt uns so ein wenig die – hach wie sagt man das – der romantische Gedanke? Ein bisschen Pathos? Fantasie? Wir mögen eher die klare Ansage, glaube ich.

Also doch Gerechtigkeit? Könnte man meinen, aber ich finde, es gibt hier noch die Ebene Steinbrück. Generell kommt er ja recht kämpferisch rüber und für Gerechtigkeit muss man schließlich kämpfen.  Steinmeier und Gerechtigkeit wäre so „pffff“, weil Steinmeier nimmt man den Kämpfer nicht so ab. Also von daher würde der Slogan schon gut passen, wäre da nicht… Steinbrück. Die Debatte um die hohen Bezüge aus den Reden die er hält, gerne auch vor Bänkern, dann jetzt der kleine Aufschrei, dass ein Gesetz in seiner Amtszeit von der Bankenlobby komplett geschrieben würde, kratzt an seiner Gerechtigkeits-Glaubwürdigkeit. Kann jemand, der für 2 Stunden erzählen 25.000 Euro kassiert wirklich für Gerechtigkeit in der Gesellschaft stehen? Ich finde nicht. Mein erster Gedanke war – und ich bin da hoffentlich mal repräsentativ für viele im Land – „ne, mein Freund, ich kauf dir vieles ab, aber für Gerechtigkeit stehst du nicht!“.

Im Interview mit der SZ, spricht er dann noch davon, dass – wenn es bei Wahlen nach Beliebtheit ginge – in Amerkia Donald Duck im Senat säße. Das ist natürlich totaler Unfug! Donald Duck gibt es doch gar nicht wirklich… Mensch Peeeer! Aber man gewinnt Wahlen auch nicht dadurch, dass man ein weltfremder, mindestens unfreundlicher, Haudrauf ist. Er bezog diese Aussage übrigens auf die Beleibtheit Merkels – die mir persönlich zwar total unverständlich ist – aber die sie schon zweimal ins Kanzleramt gebracht hat. Die Leute haben sie ja nicht trotz einer Zuneigung zu ihr gewählt, sondern mindestens auch wegen dieser.

Er spricht von dem „schnöden Individualismus“ von denen da oben, ohne zu realisieren, dass er spätestens seit der letzten Debatte um seine Einkünfte in der Rezeption der meisten selber als einer „von da oben“ wahrgenommen wird. So wird das nichts. Peer Steinbrück hat die falschen Berater, die falsche Agentur. [Anm.d.Red.: Ein kleiner Tipp an die Grünen: Den Herrn kretschmann aus BW abberufen und als „Kanzler“kandidat aufstellen. Ich würde mit mindestens 18% rechnen (diue FDP kennt diese Zahl) – die CDU gibt sich nämlich gerade auffällig viel Mühe, die Grünen als die wahren Spießbürger hinzustellen. Das seien sie gar nicht selber! Also wirklich, wie unverschämt!] 

Steinbrück wäre der richtige Kandidat für die CDU wenn Deutschland wirtschaftlich am Boden läge (der SPD spricht man die wirtschaftliche Kompetenz ja generell ab – Unfug!). Da wo (angeblich) starke Worte gebraucht werden. Deutschland ist aber irgendwie in einem „nicht Fisch, nicht Fleisch“-Status. Die Menschen warten eher ob, ob es plötzlich abwärts geht („Ich hab datt doch immer gesagt, datt datt nicht gut gehen kann!“) oder aufwärts („Siehste mal, wir Deutschen können es einfach, die Sch****-Amis mit ihrem Larifari-Driss, do!“). In dieser Wartehaltung ist Angela Merkel irgendwie die richtige. Man möchte beim Warten schließlich nicht angebrüllt werden, man möchte aufmerksam beobachten und dann schauen, welche Kassenschlange sich schneller fortbewegt, um sich dort anzustellen.

 

Merkel raus?

Am Dienstag (09.10.12) habe ich auf deutschen Nachrichtenportalen das gleiche Aufmacher-Top-News-Ganz-Oben-Bild gefunden, wie kreativ…. Und ich habe – ähnlich kreativ – versucht, eine Collage davon zu erstellen. Es ist mir so gerade eben gelungen, würde ich sagen – auch wenn man nicht mehr erkennt, von welchen Seiten die Bilder sind. Deshalb schreib ich es hier: Die Schnipsel satmmen von den Seiten folgender acht Portale, alle zur selben Zeit um ca. 10.30 Uhr: Spiegel, FAZ, SZ, Zeit, tagesschau, Rheinische Post, Frankfurter Rundschau, Focus (nicht in dieser Reihenfolge)

Ich habe jetzt nicht geschaut, ob es sich auch jedesmal um den gleichen Text handelt, aber ich vermute mal, dass dem nicht so ist.

Und zu guter Letzt noch einen kleinen Nachschlag, quasi unter Hetzern, bild.de:

 

Der Peer und die Piraten

Ich freue mich schon ein wenig für die SPD, dass sie jetzt einen Kanzlerkandidaten gefunden haben, der gegen Angela Merkel antritt – wobei… eigentlich ist es mir wurscht.

Peer Steinbrück soll es machen und er hat von den drei vermeintlichen „Spitzen“kandidaten der Partei wohl die größten Chancen die Kanzlerin ins Wanken zu bringen. Ob es für einen Reigierungswechsel mit ihm an der Spitze reichen wird, wird man sehen. So richtig wünschen will ich es mir aber nicht. Ich halte diesen Menschen für zutiefst sozial inkompetent – auf Grundlage dessen, was man inden Medien so mitbekommt. Aber er ist natürlich eine Führerfigur, die etwas sagt und dann folgt man gefälligst, weil er weiß alles am Besten und das kaufen wir ihm auch so ab! Oder sonst… Er hat von seinen Genossen ja schon Beinfreiheit eingefordert, und ich vermute mal, der Perr nimmt nicht nur den kleinen Finger, der nimmt gleich den ganzen Arm, um mal bei anatomischen Metaphern zu bleiben.

Vielleicht tut er aber sogar der FDP ein bisschen weh (was ja prinzipiell sehr begrüßenswert ist), denn ich könnte mir vorstellen, dass er zumindest charakterlich dem ein oder anderen „och, vielleicht wähl ich mal die FDP“-Wähler ziemlich gut gefällt. Inhaltlich… joa… wen interessiert das schon noch so wirklich? Immerhin hat es die FDP komplett ohne Wahlprogramm in den NRW-Landtag geschafft, nur weil dieser aalglatte, schmierige Lindner aufgestellt war.

Echauffiert habe ich mich dann aber doch, als es hieß, Steinbrück schließt eine große Koalition mit ihm an Position zwei aus. Und dabei habe ich mich generell über die Journalisten geärgert, die ihn zu dieser Aussage nicht brutal in die Mangel genommen haben, weil das wieder so ein typischer Politiker-Weltbild-Spruch ist, der eigentlich mal gar nicht geht, weil:

Karrieretechnisch kann ich das voll und ganz verstehen. Peer orchestrierte bereits einmal hinter Merkel die zweite Geige, er will das nicht schon wieder machen. Nur geht es ja hier nicht um  persönliche Karrierepläne, hier geht es darum verantwortungsvoll ein Land zu regieren – genau dafür bekommen Politiker ein Mandat. Karriere dürfen sie gern woanders machen!

Wenn man aber die Politik (also ein inhaltlicher Aspekt) der Regierung für schlecht hält und dann die Möglichkeit bekommt, diese (von innen, aus einem ministerium heraus) zu verändern – dann hat man als Politiker – und dieses normativen, moralischen Anspruch stelle ich nun mal an die Damen und Herren – sich damit abzufinden und vor allem das Beste draus zu machen.

Es handelt sich bei Steinbrücks Aussage eben nicht um eine inhaltliche Distanz die er zur politischen Agenda CDU/CSU festellt, die nicht überbrückbar wäre, sondern hier geht es um Persönliches. Und natürlich auch um Wahltaktik, um nämlich so viele Wähler wie möglich zur SPD zu holen, die vielleicht in den letzten Jahren eher zum schwarzen ufer übergelaufen sind. Alle die, die meinen, sie wählen mal CDU, weil Angie so super ist und der Peer auch ganz ok, denn am Ende gibt es ja trotzdem eine große Koalition mit der SPD und somit mit beiden im präsentkorb, sollen dazu gebracht werden, die SPD zu wählen, nur dann bekommen sie nämlich den töften Peer.

Das alles ärgert mich maßlos, weil es einfach nicht meinem Verständnis von verantwortungsbewußtem Handeln mit Fokus auf die Aufgabe entspricht, die Politiker inne haben, nämlich dieses Land zu regieren.Und auch den Journalisten fehlt hier der kritische Fragenkatalog, meiner Meinung nach.

Und by the way, weil ja gerade die Piraten klein geschrieben werden: Genau diese Art von Politikverständnis, wird den freibeutern um die Wahl herum wieder auf die Beine helfen, weil dann all die, denen politik gerade am Hintern vorbei geht, wieder merken, wie ihnen diese Ränkespielchen auf den Senkel gehen. Und tadaaa, da haben die Piraten ihre Wähler wieder zurück. Und die presse freut sich auch, sie können vom Phönix aus der Asche schreiben.

 

Die wilde 13, arrrrrrrr

Wow, laut einem Bericht des Spiegel sind die Piraten mittlerweile bei 12% der bundesweiten Wählerstimmen angekommen, letzte Woche waren es noch neun, glaube ich. Wenn das so weiter geht, haben wir wohl bald einen Piraten als Kanzler. Ob man den Kanzler dann in Zukunft in Steuermann umbenennt?

Ich bin wirklich mal gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Vor einem Jahr, waren die Grünen – „bedingt“ durch Fukushima ja quasi auch schon nah dran an der zweidrittel Mehrheit im Bund – zumindest gefühlt. Sowas flaut natürlich recht flink wieder ab. Bei den Piraten könnte es aber etwas anders laufen. Jeder Einzug in ein Landesparlament bringt wieder mehr Rückenwind und die oft respektlosen Äußerungen der Politiker anderer Parteien tun ihr übriges, die sog. „Netzgemeinde“ zusätzlich in den Stimmen-Frachtraum der Piraten zu treiben. Herr Spreng hat einen interessanten Beitrag dazu geschrieben, dass der CDU bzw. Angela Merkel im Prinzip kaum etwas besseres passieren kann, als eine „starke“ Piratenpartei. Die klauben nämlich insbesondere im linken Spektrum Wählerstimmen ab, was Regierungskoalitionen aus eben dem Spektrum unwahrscheinlicher macht.

Ich mag an den Piraten ihre Ehrlichkeit, muss ich gestehen. Sie stehen dazu zu sagen, dass sie noch nicht von allen Themenbereichen Ahnung haben und sich deswegen noch nicht äußern wollen. Sie wurden von dem Erfolg ja auch ein wenig überrannt. Was ich allerdings nicht mag, sind so Sprüche wie „wir sind noch nicht regierungsfähig, wir wollen aber auch gar nicht in die Regierung“. Für mich ist das typischer Oppositions-Linke-Politiker-Sprech und das ist meiner Meinung nach Quark. Wenn ich etwas verändern möchte – und das auch überwiegend nach meinen Vorstellungen – brauche ich Entscheidungsgewalt. Die habe ich logischerweise auf der Oppositionsbank nicht in dem Maße, wie auf der Regierungsbank.

Die Idee Parteien zu haben, die sich Spezialisten in Themenbereichen sind, ist erstmal verlockend, würde aber wohl – wenn man es auf alle Themenbereiche ausweitet – zu einem totalen Chaos führen. Aber was spricht eigentlich dagegen, wenn die regierenden Parteien sich die Piraten zu Themenkoalitionen dazuholen? Hier wäre es zB. das Thema Internet. Am Ende könnte sich dann auch die reg. Partei den Erfolg auf die Fahnen schreiben und gleichzeitig den Piraten Wind aus ihren Segeln nehmen und irgendwann wäre wohl für die „Etablierten“ wieder alles wie früher. Und das, so höre ich es aus den dämlichen Kommentaren der FDPler, CDUler, SPDler usw. heraus, das wollen doch alle, dass es wieder so ist wie früher, wo die Parteienlandschaft ach so schön überschaubar war.

Friedrich der Hintere

Aus der Rubrik: So sieht Ingo die Welt, heute: Innenminister Friedrich und die Hinterbank

Wenn die Großkupfernden des Parlaments und große Teile der Regierung im Sommer Urlaub machen, haben die Medien das Problem, dass sie zu den wirklich wichtigen Themen nicht mehr so wirklich viele prominente Köpfe vor die Mikrophone bekommen. Dann schlägt meist die Zeit der politischen Hinterbänkler. Die werden dann von den Journalisten angerufen und fordern oft und gern spektakulär-wirres Zeug. Mir fällt jetzt gerade kein Beispiel ein, aber ich konstruiere mal eins: ein Führerschein für Kinderwagen – für Eltern und Kinder. Das ist ein schniekes leichtes Thema, genau richtig für den Sommer, jeder kann seinen Senf dazugeben und der Hinterbänkler-Parlamentarier XY kann Weihnachten der ganzen Familie sein Bild in der Zeitung oder die VHS der Fernsehaufzeichnung zeigen.

Unser Innenminister Friedrich scheint sich seit seiner Inthronisierung irgendwie wieder auf die Hinterbank zurück zu wünschen – zumindest in meiner Wahrnehmung. Er trumpft regelmäßig mit absolut kruden Aussagen auf, die oft auch der Parteilinie der Union entgegenstehen. Wobei sich letzteres für einen wahren CSUler ja auch irgendwie gehört. So langsam finde ich aber, dass man ihm seinen Wunsch auf Versetzung ins Sommertheater (lies: die Bedeutungslosigkeit) erhören sollte. Nach meiner Auffasssung hätte man ihn aus dem Parlaments-Nirwana auch gar niemals herausholen brauchen. Aber was soll man in die Vergangenheit blicken, wenn man den Fehler doch auch jetzt noch fix korrigieren kann. Für das Ergebnis der nächsten Bundestagswahlen kann das doch eigentlich nicht schädlich sein – zumindest in meiner Wahrnehmung.

Achja, Anlass für diesen Eintrag waren die Aussagen des Herrn Ministers zur Griechenland-(dahin-Siech-und-nur-ganz-vielleicht-Rettung)-Verlängerung. Weitere Beispiele für seine „Kompetenzen“ – die ganz besonders seine Weltoffenheit und Verständnis des zeitgeistes und Anpassungswillen an sich verändernde Zustände beweisen – sind z.B.:

  • Islam gehört historisch nicht zu Deutschland, als Antwort auf Wulffs Aussage, der Islam ist ein Teil Deutschlands. Hm… also historisch gesehen, gehörten… Autos auch nicht immer zu Deutschland. und selbst von diesem Christentum hatten die ollen Germanen Anno-Dazumal auch noch nicht sooo viel gehört.
  • Simulation von Netzpolitik in Bezug auf Innenpolitik – Aufhebung der Anonymität im Netz zum Beispiel – Facepalm! Herr Friedrich ist einer derer, die das Internet als rechtsfreien Raum betrachten. Fragt sich auf welcher Grundlage zahlreiche Juristen ihr Geld im Netz mit Abmahnung u.ä. verdienen können… hach…

Kim Jong Wulff

Um das Kommunikationsverhalten unseres BP wird es nun doch ein bisschen absurd. Die derzeitige vorherrschende gegenseitige Superlativierung der Medien, Christian Wulff habe mit seinen Anrufen bei BILD und Welt und Springer und Gott-weiß-wo die Pressefreiheit angegriffen, ist doch wirklich Schmarrn. Im Kern wollte er Berichte verhindern, und sowas passiert sonst nie!? Ernsthaft? Noch kein Promi, Sportler oder Politiker ist je auf die Idee gekommen, bei einem Medienorgan anzurufen und hat mehr oder weniger nachdrücklich darum gebeten bestimmte Infos nicht an die Öffentlichkeit zu bringen? Das ist für mich nicht nur schwer, sondern unvorstellbar. Und selbst wenn sich der noch amtierende BP im Ton vergriffen hat, geht davon darum eine noch höhere Gefahr aus? „Oh Gott, er hat gebrüllt!!! Wir müssen die Zeitung sofort schließen! Der BP hat gebrüllt!“… Das ist doch ungefähr so, als hätte ich Mike Tyson angerufen und ihm mit Schlägen gedroht, wenn er noch einmal in einem Hangover-Film mitspielt. Drohungen (rechtlicher Art) haben doch eigentlich nur dann Wirkung, wenn deren Umsetzung erfolgversprechend sein könnte. So wie der Fall aber dargestellt wird, waren die Berichterstatter doch auf der sicheren Seite. Hier von der Gefährdung der Pressefreiheit zu sprechen – insbesondere wenn es um die BILD geht – ist doch mindestens ironisch.

Wenn das aber wirklich ein zentraler Angriff auf die Pressefreiheit sein sollte, was ist dann mit all den Vergünstigungen die den Damen und Herren aus der Presse in den Hintern geschoben werden? Nehmen wir nur mal das bevorzugte Parken mit Presseausweis, oder die Bewirtung bei Pressekonferenzen, Events usw. Das mutet dann doch ebenso wie ein Angriff auf eine möglichst objektive Berichterstattung an. Wird Wulff bald auch vorgehalten, er habe Pressevertreter zu sehr hofiert? Ein Kommentar auf tagesschau.de spricht in Bezug auf seine Anrufe  als das  „bislang schlimmste und unverzeihlichste“. Ach, ehrlich? Oh… mein (Be)Wertesystem ist kaputt.

Die ursprüngliche Rahmung der Causa Wulff, die wohl berechtigte Entrüstung über die Kreditgeschäfte hat sich zu einer Empörungskampagne gewandelt, bei der das Ziel einzig und allein der Rücktritt von Wulff ist und nicht die Aufklärung des Sachverhalts. Aufgrund seiner nordkoreanischen Kommunikationspolitik ist er an dieser Entwicklung natürlich aber auch nicht unbeteiligt.

[Anm.d.Red.: SPON hat eine Chronik der Ereignisse veröffentlicht, wie ich es mir vorgestern noch gewünscht hatte. Inhaltlich nur leider ein bisschen dünn, aber immerhin. Die SPON-Redakteure lesen wohl meinen Blog. Ich fühle mich geehrt und werde ab sofort nur noch positiv über SPIEGEL-Produkte schreiben… oh ups!]

Achso, ich schrob dies am Dienstag, da war Wulff noch im Amt. Ist er es heute überhaupt noch? Das steht hier.

Er war der Präsident?

Nun soll also unser Bundespräsident Kai Diekmann, dem Chfredaktuer des BILD-Abfalls gedroht haben.

Generell war ich erstmal in mir drinne so ein wenig empört, wie denn ein Politiker einem Journalisten drohen kann. So einem armen, wehrlosen, kleinen Jour… aha! Von wegen! Man kennt es ja eigentlich nur aus Filmen oder Serien, wo Journalisten Politikern drohen, wenn sie nicht dies und das machen, wird diese oder jene Story am nächsten Tag in der meist gelesenen Zeitung der Welt gedruckt und die Karriere des Politikers ist vorbei. Ist das nur Fiktion? Oder drohen vielleicht auch in der Realität Medien Politikern? Und wenn das so ist, dürfen Politiker Medien trotzdem nicht „drohen“? Und ist drohen gleich drohen?

Ich persönlich halte Herrn Wulf für egal. ich fand auch Herrn Köhler egal. Herr Weizäcker war nicht so egal, Rau hatte auch irgendewtas weises, moralisches an sich und auch Herr Herzog war noch ein recht stattlicher Bundespräsident – zumindest in meiner verklärten Rückschau. Darum glaube ich auch nicht, dass Köhlers Rücktritt oder Wulffs Affäre dem Amt des Bundespräsidenten schaden. Das ist eine Form der Überhöhung, die gebracht wird, um Argumente zu verstärken und die moralische Keule mit ein paar extra Nägeln auszustatten, um den Einschlag schmerzhafter zu machen.

Bei der ganzen Kreditaffäre habe ich den Faden verloren und was mir immer bei solchen etwas langwierigen Konstrukten fehlt ist, dass sich Medien die Mühe machen, eine anschauliche Chronik der Ereignisse – visuell aufbereitet – ins Netz zu stellen, in der ich nachlesen kann, was wann und wie passiert ist. Das gibt es leider nur in sehr seltenen Fällen und oft auch erst nach einer Affäre. So kann ich mir nun eine Bewertung der Vorfälle um Wulff erst recht nicht erlauben. Es geht um Vorteilsnahme, so viel habe ich verstanden. Und ich mag es nicht, wenn einflussreiche Leute ihren Einfluss nutzen, um Vorteile zu erhalten. Denn irgendwie fühlt man sich dann schon in der Schuld, diese Vorteile auch wieder auszugleichen – und wenn nicht, fühlt man sich verpflichtet dazu, um noch einmal einen Vorteil zu erhalten. Undankbarkeit spricht sich schließlich schnell herum. Aber sind wir mal nicht zu kritisch? Solch ein Verhalten ist überall und bei jedem irgendwie alltäglich. Nur macht hier sicherlich das Amt und das Ausmaß der Vorteilsnahme den Unterschied.

Im Fall Wulff macht mich insbesondere seine Kommunikationspolitik misstrauisch. Er scheint ja wenig bis nichts zur Aufklärung beizutragen, er tritt nicht vor die Presse und gibt Auskunft über seine Taten und beantwortet Fragen. Das fühlt sich sehr sehr schuldig an, für mich. Seinen Guttenberg-Move „ich entlasse jemand und dann ist Ruhe im Karton“ hat nun auch nicht funktioniert. Da war vermutlich nicht genug Pomade im Haar.

Wenn das sich noch ein wenig weiter zieht, dürfte die Messe für Christian Wulff noch gelesener sein, als sie eh schon ist. Für Angela Merkel ist das der Super-Gau. Einst wurde sie für seine Nominierung kritisiert, sobald er das Feld geräumt hat, wird sie wohl erneut für ihre schlechte Wahl kritisiert, ihre Motive werden erneut diskutiert und von einigen wird bestimmt gesagt, sie hätte ihn mehr stützen müssen – und es würde ihr vermutlich genau das Gegenteil vorgeworfen, wenn sie ihn mehr gestützt hätte. Verloren hat sie ebenso wie der Präsident.

Ich bin mal gespannt auf das Ergebnis, inwieweit meine Zukunftsfantasien zutreffen, wenn aber auch nur milde interessiert. Dann schließe ich mal mit Reinald Grebes Lied zu Hotte Köhler – denn das kommt immer gut. Ich persönlich finde ihn gar nicht lustig (er betont Vokale aber inhaltlich lustig!?!? Neeee), aber der Refrain ist eingängig. Und was soll mir dieses bescheuerte „Kostüm“ mitteilen? Naja… Ich bin der Präsident.

my two cents…

Unser Inneminister Friedrich ist mir schon seit seiner Berufung irgendwie suspekt. Erstmal genoss er recht wenig Medienpräsenz, wie ich finde. Und dann wirkte er schon immer wie ein Vertreter einer Generation, die darauf besteht, dass damals alles viel besser war. Als der Winter noch wirklich kalt war und man Autos mit einer Kurbel anwerfen musste – aber zumindest wussten man noch wofür man das tut. Oder so ähnlich eben.

Nun ist er plötzlich in den Medien, darf sich aber über zweierlei Dinge nicht so recht freuen. Zuerst mal bestimmt weiterhin die Banken-/Schulden-/Euro-/Griechen-/Frankreich-/Geldkrise die Nachrichten und damit nicht genug, ist er noch wegen dem fehlerhaften Bundestrojaner in der Kritik. Nicht mal einen Terroristen hat er eigenhändig an den Haaren aus der Kanalisation gezogen. Ganz unglücklich. Bad news sind eben nicht grundsätzlich good news. Wer hat diesen dämlichen Spruch eigentlich erfunden? Auch der Mundabwischer und Weitermacher Oliver Kahn?

Jetzt bemüht er sich – warum auch immer – durch dummes Gebrabbel in den Medien präsent zu bleiben. Das wäre ja eben – ohne den Gebrabbel-Faktor – verständlich. Aber ob es wirklich sinnstiftend ist zu behaupten, dass man ja nicht zwingend der Meinung des Bundesverfassungsgerichts sein müsste – im Sinne von „man muss sich ja nicht dran halten“, wage ich einmal ganz kühn zu bezweifeln. Nun ist es aber natürlich nicht so, dass diese Meinung eine Friedrich-exklusive ist. Dass bis zum Juni die Regelung für die Überhangmandate bei den Bundestagswahlen umgesetzt werden musste – wie das Bundesverfassungsgericht vor (ich glaube) zwei Jahren entschieden hat, hat auch keinen der Damen und Herren im Parlament interessiert. Nur hat das keiner der Volksvetreter so deutlich verbalisiert. Vermutlich weil auch keiner der Medienvertreter  nachgefragt bzw. nachgebohrt hat.

Aber zurück zu Friedrich. Er widerspricht sich, seine Aussagen zeugen von Unkenntnis und anscheinend auch von dauerhaft mangelndem Interesse an der Materie. Er hätte sich ja in der vergangenen Woche mal informieren (lassen) können. Ist wohl nicht passiert. Und warum ist das Thema noch nicht so wirklich bei den Bürgern und damit auch beim Oppositions-Brüll-Automaten Siggi Gabriel angekommen? Der jetzt wild die Ablösung des Untragbaren Kaisernamensvetters fordern müsste? Da hat der Friedrich eben nun doch Glück gehabt, denn da ist ja noch die oben angesprochenen Finanzkrise. Das Thema Internet ist außerdem für viele Menschen in diesem Land noch recht weit weg. Und für die, für die das Internet ganz nah ist, wird die Piratenpartei mehr und mehr die Partei der Wahl. Dazu kommen noch Protestwähler, die mit den Piraten – Gott-sei-Dank – eine Heimat fern von rechten Gedankenauswurf gefunden haben. Mal sehen, ob das bis 2013 anhält. Aber Herr Friedrich kann sich ja einfach noch ein paar mal widersprechen, dann hält er das Thema vielleicht mindestens bis Weihnachten am Leben.

Wobei… dank der Tatsache, dass unsere Medien das große Interesse an Themen meist nach spätestens einer Woche verlieren, muss Friedrich jetzt eigentlich nur noch den Mund halten und es aussitzen.

Zu früh frohlockt

Ich komme aus der Mittagspause, denke an nichts (böses), klicke auf Spiegelei-Online und sehe dann „Es ist vorbei“ darunter ein Bild von Guido W. In mir juchete und frohlockte, bibberte und entzückte es. MEin Herz weitete sich zu einem gewaltigen Steak. Doch dann sah ich, was über der Überschrift steht „Kommentar“. Muss ja noch nix hei… doch, denn auch unter dem Bild geht es kommentierend weiter. Jetzt bin ich traurig…. mindestens ernüchtert. Aber vielleicht war das ja nur die Generalprobe für den Tag, der doch bitte bald kommen möge!


Telekolleg I: Demokratie

Jajaaaa, Politik ist langweilig, Politik ödet mich an, Politiker sind alle korrupt… Falls das eure Einstellung ist, dann nehmt das uniige Video einfach dazu her, um diesen Standpunkt mit harten Argumenten untermauern zu können. Das Doofe an dieser Politik ist nämlich, dass sie uns alle betrifft.

Harald Schumann spricht hier etwa 30 Minuten über den Zustand der Demokratie in Deutschland zu tun. Nehmt euch die Zeit, danach seid ihr schlauer, versprochen:

Kurzer Wikipedia-Auszug über den Redner:

Bekannt wurde Schumann durch eine redaktionsinterne Auseinandersetzung um eine bereits fertig abgelieferte Titelgeschichte über die Steuerung der Energiepolitik durch die Stromkonzerne und die Bedeutung der Windenergie, die er zusammen mit Gerd Rosenkranz verfasst hatte.