Welches Bild darf es sein?

Takki.JPGEigentlich hat mich ja die ganz große Blog-Müdigkeit voll erwischt, obwoh les immer wieder Themen gibt, über die ich mir vorstellen könnte zu schreiben. Zum Beispiel die Headline, in der BILD die unfassbare Raketendummheit besitzt (my point of view), Herrn Weselsky vorzuwerfen, dass er auf der Autobahn mal gedrängelt hat… was für Menschen sind das, die aus sowas eine Überschrift und einen Artikel bauen und was sind das für… Leute in der Chefredaktion, die sowas auch noch drucken lassen!?

Aaaber… alls noch nicht so schlimm, wie der Artikel, der heute bei Spiegel Online erschien. Meine Empörung speist sich so ein bisschen aus dem Problem, wenn Erwartungshaltung und dargereichtes Produkt nicht so ganz deckungsgleich sind. Auf der Website stand die Überschrift „Überwachung? Kann ich nicht mehr sehen„. Ich sage vorab, dass ich darüber die Zeile „Bilder zu Netzthemen“ nicht gelesen habe. Das war mein Fehler, gebe ich zu.

Der Kontext in dem dieser Artikel steht, bzw. dessen Rahmung ist: Die Klickzahlen für das Thema Netzpolitik / Überwachung sind (zu) gering, obwohl wir doch alle die Gelackmeierten sind. Den Rahmen finde ich klasse, da lässt sich sicherlich fein drüber diskutieren – nur macht SPON das nicht, sondern nur bzgl. der Bebilderung ihrer Artikel. Und fragt tatsäschlich, wie die Artikel in Zukunft bebildert werden sollten. Machen wir die Antwort kurz: Katzenbilder und Katzenvideos! Eskalationsstufe zwei: Brüste! Eskalationsstufe drei: Man hält sich einfach an das (bemerkenswerte) Gespräch von John Oliver mit Ed Snowden und zeigt private Penisfotos. Da brauche ich keine Leserbefragung, wenn ich in der Redaktion meine, dass die NSA-Zentrale als Bild nicht mehr ausreicht, damit die Leute klicken.

Aber ist das wirklich ein Artikel, den SPON veröffentlichen möchte? Nochmal kurz zum Herausgeber: Es handelt sich um SPIEGEL ONLINE!!!!!! Nein, nicht die Vereinszeitung vom Tennisclub Rubbelhöhe in Klein-Istmirwurscht-Dorf, die danach fragen, ob man auf der Speisekarte das entsprechende Tier abbilden soll, was gleich neben Pommes und Broccoli auf dem Teller landet!

Ich habe aber noch einen Tipp an SPON und alle anderen Medien da draußen, die immer wieder Artikel über Politikverdruss schreiben, sich wie hier über niedrige Klickzahlen beklagen oder wundern, dass ihnen soviel Misstrauen bzw. Unmut entgegen gebracht wird. Liebe Redaktionen: Werdet eurer Rolle gerecht(er). Es ist ja wirklich toll, dass ihr schreibt, dass die Kanzlerin nun unter Druck geraten muss, wegen (z.B.) dem No-Spy-Abkommen, aber Ihr seid es, die sie unter Druck setzen müsst und vor allem Konsequenzen einfordern müsst (Bitte aber nicht so eine Wulf-Kampagnen-Skandalisierung)! Fairness, tiefe Recherche und Graustufen sind dabei ausdrücklich erwünscht!

Gefühlt macht Ihr es euch einfach zu bequem bei den Hinterzimmergesprächen mit den Politikern und wollt es euch mit denen natürlich nicht verscherzen – nachvollziehbar ist das. Der richtige Weg ist es nicht. Das merkt Ihr gerade an den Klickzahlen bei komplexen Themen. Und daraus abgeleitet: Erklärt öfter, besser, mehr!

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Bildreferenz: „Takki“ von Benutzer: Benny der 1. – Der Kater meiner Exfreundin entspannt sich auf einer Couch. Anmerkung: Trotz Trennung keinerlei Änderung an der Lizenz, in beiderseitigem Einvernehmen. —Gruß, Benny Sprich Dich aus… Bewerte mich! 16:43, 29. Sep. 2010 (CEST). Lizenziert unter Bild-frei über Wikipedia.

 

Nicht verstanden…

Ich kann mich noch an Bilder in der Tagesschau erinnern, als vor vielen Jahren Helmut Kohl durch die Druckerei des FOCUS geleitet wurde, weil der gerade zum ersten Mal erschien. Der FOCUS sollte/wollte eine Alternative zum Spiegel werden. Dann gab es da noch diese unsäglichen Fakten-Fakten-Fakten-Werbespots.

Mir hat es nie Spaß gemacht den FOCUS zu lesen und als Onliner ist die Homepage des Magazins auch ähnlich „angenehm“ zu besuchen wie die der Huffington Post und heftig.co…  Nun werde ich aber durch die Google-News-App auf meinem Telefon immer mal wieder mit FOCUS-News konfrontiert. Leider prangt über den Überschriften kein großer Warnhinweis „Achtung FOCUS“, daher passiert mir immer wieder mal ein Klick.

Heute morgen war es wieder so weit. Mich interessierte, wie schwer die Verletzung von Marco Reus ist und scannte daher den Sportbereich und da fiel mir die Überschrift „Jürgen Klopp geht auf Reus-Treter Bakalorz los“ ins Auge. Nun ist Kloppo ja dafür bekannt, nicht immer der sachlichste Mensch unter der Sonne zu sein und am Spielfeldrand hatte er sich auch schon über die Kartenfarbwahl des Schiris beklagt. Nun war ich also ein bisschen gespannt, wie er auf den Paderborner Profi Bakalorz (ehemals BVB) „losgegangen“ ist.

FOCUS Online verwendet im Text zwei Zitate von Klopp, das erste:

Diese Situation habe ich nicht das erste Mal von ihm gesehen. Ich habe ihm früher schon gesagt, er soll das nicht machen. Diesmal waren wir die Leidtragenden.

und

Es gebe Situationen, sagte Klopp, „in denen er unkontrolliert grätscht. Das muss er einfach anders machen. Das war too much.“

Das klingt für mich so gar nicht wie „geht auf jemanden los“. Das erste Zitat wird der Ehrlichkeit halber mit „schimpfte über das harte Foul“ eingeleitet. Ich glaube, FOCUS Online bezieht sich hier auf die PK nach dem Spiel mit Jürgen Klopp und Andre Breitenreiter. Da sieht man Klopp sichtlich geknickt. Er spricht mit ruhiger Stimme und betont auch, dass Balaorz ein „Top-Junge“ ist, das hier aber Foul aber nicht in Ordnung war. Hier ein Zitat aus der PK:

Nochmal: Ich will ihm nix, ist wirklich ein toller Kerl, aber das war einfach too much […} Das es keine Absicht war, ist mir vollkommen klar.

Aber wie kann diese PK einen Redakteur/Redaktion dann zu so einer Überschrift verleiten? Wenn ich in der Überschrift von „auf jemanden losgehen“ schreibe, dann erwartet der Leser doch gefletschte Zähne, Handgreiflichkeiten, Wut, irgendwas… Oder hat Klopp tatsächlich mit dem fast exakten Wortlaut vorher im Kabinengang getobt? Wenn dem so wäre,dann wäre seriöser Journalismus, auf diese Diskrepanz hinzuweisen – oder die ganze Story einfach sein zu lassen.

Diese Brüll-Überschrift dient ganz offensichtlich nur dazu, aus keiner/einer müden Geschichte trotzdem Klicks zu generieren. Nur ist es halt blöd, wenn zwei Sätze unter der Sensations-Überschrift das Versprechen überhaupt nicht eingehalten wird (oder nach 30Sek.-Recherche in diesem sog. Internet). Insbesondere bei Fußball-Geschichten fällt mir das immer wieder auf, wie auf Teufel-Komm-Raus eine Konfrontation/Sensation in die Überschrift getextet wird, der Artikel selber bzw. die Zitate aber absolut harmlos/irrelevant daher kommen.

Ich kann nicht verstehen, wie die Verlage nicht realisieren, dass ihnen dieses Vorgehen spätestens langfristig schaden muss. Nicht nur, weil Ihnen irgendwann die Superlativ-Vokablen ausgehen, sondern auch weil sie dadurch an Glaubwürdigkeit verlieren werden. Was zum Beispiel hätte (in diesem Fall)  der FOCUS über die Szene geschrieben, als Mario BAsler vor vielen Jahren einem Reporter die Brille von der Nase gehauen hat: „Basler mit Mordversuch an Journalisten“?

Ganz davon abgesehen, wird hier auch ein Bild von Klopp gezeichnet, das in diesem Fall absolut nicht der Wahrheit entspricht. Hier wird ganz bewusst das Image des aufbrausenden Klopps genutzt, um Klicks zu generieren. Das ist nicht weit entfernt von einer absoluten Falschdarstellung in der Überschrift. Mir ist auch klar, dass jeder Mensch die Realität anders wahrnimmt, aber das hier…

Und ich möchte auch in Artikeln von Medien, die für sich selber den Status als seriöses Nachrichtenmagazin in Anspruch nehmen, in Überschriften keine Wörter wie „Treter“ lesen.

Ich kann diese Redaktionen nicht verstehen… ich verstehe es einfach nicht… solche Medien/Artikel braucht absolut kein Mensch.

Drehgenehmigung in Grau

Ich finde es interessant zu beobachten, wie gerade die Debatte um die heute-Show und das Drehverbot im Bundestag funktioniert – heute-Show = gut, Bundestag = böse. Aber wie das immer so ist, da gibt es Graustufen… iiiih… wie uselig.

Ich muss vorab sagen, ich mag die heute-Show nicht. Ich finde, sie ist ein ganz ganz mieser und uninspirierter Abklatsch von Jon Stewarts „The Daily Show“. Noch dazu mit einem für dieses Format sehr untauglichen Moderator. Ich finde Olli Welke als Sportmoderator mindestens ertragbar, aber als Comedian? Dann hätten sie auch Waldemar Hartmann moderieren lassen können.

Der folgende Fall zeigt aber, dass man die heute-Show, dieses Satiremagazin, dass uns lustig zeigt, wie verrückt die Politik doch ist, doch ein wenig „vorsichtiger“ geniessen sollte.Als keliner Einstieg, halten wir uns mal kurz vor Augen was Satire ist, und befragen die allwissende Wikipedia:

Satire ist in der älteren Bedeutung des Begriffs eine Spottdichtung, die Zustände oder Missstände in sprachlich überspitzter und verspottender Form thematisiert. Im heutigen Sprachgebrauch versteht man darunter aber meist einen künstlerisch gestalteten Prosatext, in dem Personen, Ereignisse oder Zustände verspottet oder angeprangert werden.

Es gehört also zu Satire dazu, Dinge zu überspitzen und auch zu verspotten, aber die Redaktion der Sendung scheint in ihrer Vorbereitung der Witzchen, diese Definition sehr umfangreich zu definieren. In einer vergangenen Sendung wurde Joachim Gauck an den „Pranger gestellt“, weil er beim 20. Deutschen Bankentag sagte:

Es ist gut, dass die Menschen das Bank- und Geldsystem nicht verstehen, sonst hätten wir eine Revolution noch morgen früh.

Nun, wenn er das wirklich so gesagt hat, darf man sich darüber absolut echauffieren, das wäre tatsächlich ein rieisiger Skandal. Horst Köhlers sind wegen milderer Aussagen schon zurückgetreten. Nur berichtet gar kein seriöses Medium über diesen verbalen Ausfall. Gerade auch deshalb sollte man sich fragen: „Ist das wirklich etwas, was ein deutscher Bundespräsident öffentlich sagen wüde – sofern er noch ganz bei Trost ist?“ Hmm… da liegt doch nahe, bevor man den Shitstorm-Modus anwirft, mal kurz zu schauen, was er denn noch gesagt hat. Vorab: Der Satz da oben ist ein Zitat von Henry Ford, den Gauck auch so kenntlich gemacht hatte. Er fügte aber danach noch an:

In einem Punkt muss ich da widersprechen: Es ist ganz und gar nicht gut, wenn Bürger einen wichtigen Wirtschaftssektor nicht hinreichend verstehen oder verstehen können. Es ist nicht gut, wenn es vielen schwerfallen muss, Sachverhalte zu durchdringen, weil ganze Teilbereiche der Gesellschaft auf kaum durchschaubare Art miteinander verflochten sind. Selbst Experten haben nach eigenem Bekunden oft nicht nachvollziehen können, was auf den Finanzmärkten tatsächlich vor sich ging.

Die heute-Show hat aber nun einfach nur diesen einen Satz in ihrer Sendung gezeigt. Meiner Meinung nach, fällt das nun aber gar nicht mehr unter „überhöhen“ oder „zuspitzen“. Das hier ist ein Verknappung und zugespitzt: Eine fiese Unterstellung. Und ganz unlustig: Mit dem erklärenden Teil zu dem knappen Satz da oben, ist die ganze Sache komplett unlustig und nicht berichtenswert.

Aber gerade von einem Satire-Magazin, dass ja anderen den Spiegel vorhalten soll, erwarte ich doch eine umso korrektere Vorgehensweise, sonst können sie ja direkt als Boulevard-Magazin auftreten. Denn auch die heute-Show braucht das Vertrauen der Zuschauer, um glaubwürdig lustig zu sein. Davon ab, dass ich die Show nicht lustig finde, hat sie für mich damit jetzt jeglichen Kern von  – wie sag ich das – wahrheitlicher Satire verloren. Ich würde jetzt immer denken „Was hat der denn noch so gesagt“? Denn das was hier passiert ist, ist keine Satire, denn hier wurde ein Satz vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen und so dargestellt, als wäre das die Überzeugung des Bundespräsidenten. Das hat mit Satire nix zu tun. Und nun dürfen auch ausnahmsweise mal diese ewigen „Dafür zahle ich doch keine Gebühren“-Nörgler in Position rollen und maulen. Wobei… nee, bleibt mir doch lieber weg.

Ich kann nachvollziehen, dass man einer Sendung, die die Wahrheit verdreht und damit auch bewusst ein falsches Bild transportiert, durchaus keinen Blanko-Schein für eine Sendegenehmigung aus dem Deutschen Bundestag erteilt – auch wenn zum Beispiel „kika“ weiter aus dem Bundestag senden darf. Ich verstehe nur nicht, warum dieser konkrete Fall nicht vom Pressesprecher des Bundestages als eine Begründung genannt wird. Aber ich bin halt auch kein Diplomat.

Die Gauchos die gehen so…

Am Sonntag und Montag haben sich alle laut und riesig gefreut, dass wir endlich wieder Fußball-Weltmeister sind – zurecht. Gut, dass Messi Spieler des Turniers geworden ist fanden viele Quatsch – ich hätte jetzt zwar nicht zwingend sofort einen Besseren aus dem Hut zaubern können, aber Hummels hätte es mehr verdient gehabt – aber ansonsten gab es nix zu nörgeln.

Am Dienstag dann aber passierte auf dem Fanfest in Berlin das:

Und als hätte die Presse darauf gewartet ging die Empörungs-Klick-Generierung los. Man braucht sich die unsäglichen Artikel und Essays usw. dazu gar nicht durchlesen, das ist verschenkte Zeit. Stattdessen liest man besser das Posting von Raphael Brinkert dem Geschäftsführer und Gesellschafter der Agentur Jung von Matt hat ein schönes passend-wie-Faust-aufs-Auge-Statement dazu auf Facebook veröffentlicht.

Liebe taz. die tageszeitung , lieber SPIEGEL ONLINE, liebe Medien,

oftmals seid ihr das fehlende Korrektiv in unserer Gesellschaft. Hilfreich, bedeutsam, mit einem guten Gespür dafür, was wichtig ist. Manchmal seid ihr jedoch auch Nörgler, Besserwisser und Kritiker an falscher Stelle. Denn, wenn Fußballer im Alter von Anfang 20 nach 36 Stunden Partymarathon nur für einen Moment ein Lied singen, welches Euch nicht in den Kram passt, schlägt nach Wochen der Euphorie Eure Stunde: Ihr schreit auf, sprecht von Häme gegen Argentinier, von Schmähgesten gegen Gauchos, von Respektlosigkeit im Siegestaumel. Ihr urteilt über junge Menschen, denen die ganze Welt eine Strophe zuvor noch zu Füßen lag.

Lasst uns die Kirche im Dorf lassen. Lasst Euch nicht dazu hinreißen, Euch wie boulevardeske Klickoptimierer hinzustellen, die jeden Versuch nutzen, User zu erhaschen, um mangelnde Online-Profitabilitäten zu kompensieren, sondern konzentriert Euch auf Qualitätsjournalismus. Auf Objektivität statt subjektiver Empfindungen auf Schülerzeitungs-Niveau.

Andernfalls geht ihr bald, wenn man das Lied zitieren möchte, wie die Argentinier nach Abpfiff des Endspiels. Vielleicht nicht gebückt, aber aus dem Sinn.

Raphael Brinkert

Dem habe ich nix hinzuzufügen. Gut, im letzten Abschnitt entgleitet ihm ein bisschen die Fassung und es wird so ein wenig… naja… polemisch.

Man kann aber tatsächlich noch einmal betonen, dass es sich um sieges- und alkoholtrunkene junge Fußballer handelt, die seit vielen Wochen unter absoluter Daueranspannung standen und die jetzt vor einer halben Million Menschen stehen und diese auch kurz mit ihrer grenzenlosen Freude unterhalten sollen. Da darf man DIESE politische Unkorrektheit (wenn überhaupt) schon entschuldigen bzw. besser: ignorieren/übersehen.

Manchmal reicht es, über Dinge einfach gar nicht zu berichten – einfach ausblenden wie die Flitzer bei der WM – oder während der WM einfach statt nur über Fußball zu berichten (Hallo SPON – auch mal über das Land und die Zustände schreiben… oder über die Zustände im Land unseres Finalgegners. Es gäbe sooo viel sinnvolleres, aber hier wird einfach der kurzfristige Klick-Ansturm befriedigt, statt mal langfristig in relevante Nachrichten und Berichte zu investieren, die vielleicht nicht sofort ähnlich begeistert geklickt werden, aber langfristig dem Journalismus sicherlich dienlicher sind.

zitternde WM-Arithmetik

Hallo liebe WM-Freunde, hier ist es derzeit ganz besonders ruhig, da mich am rechten Arm eine Sehnenscheidenentzündung plagt. Ohne Witz: Ich tippe das hier ausschließlich mit links (!!!!!) – und ja, das sieht aus wie wenn Mama eine Email tippt… zum ersten Mal in ihrem Leben… und es dauert. Aber da muss ich durch, das Thema liegt mir auf dem ballförmigen Herzen.

Zum Thema: Laut Bild (und anderer Marktschreier-Medien) steht uns (deutschen) bei der WM das größte Zitterspiel seit… dem legendären Harrenburger-Schach-Open-Air-Turnier während dem sibirischen Winter 1435 bevor. Damals bezwang „Ulf Der Alpen-Zerbrecher“ gegen den Russen „Jegor Die Peitsche von Nowosibirsk“ nach 27 Zügen überraschend die entscheidende Partie, starb jedoch Tage später an einer Lungenentzündung.

Nachdem die USA gestern gegen Portugal 2:2 gespielt hat, stehen wir mit unseren amerikanischen Freunden mit 4 jeweils Punkten auf Platz 1 und 2 in der Tabelle, wogegen Ghana und Portugal mit jeweils einem Punkt hinter uns darben. Aber!!!! Jetzt treffen wir auf die USA und wehe die gewinnen gegen uns… dann wird es… vermutlich egal, weil:

Der Modus der Berechnung wer bei Punktegleichstand vor wem steht in der Tabelle geht nicht primär über den direkten Vergleich, was immer gern behauptet wird, die Platzierung in der Tabelle geht wie folgt:WM 2014 Gruppe G

1. erspielte Punkte
2. Tordifferenz
3. Anzahl der geschossenen Tore
4. direkter Vergleich

Das bedeutet nicht weniger, als das selbst bei einer deutschen Niederlage mit… sagen wir einem Tor Unterschied, Portugal mit mindestens 7:0 gegen Ghana gewinnen müsste. Welch schöne Analogie zu „CR7“, das nenne ich gelebte Corporate Identity – viel Erfolg Cristiano!

Oder umgekehrt müsste Ghana Portugal mit 5:1 wegputzen. Wirklich nur dann scheiden wir noch aus. Und für unsere amerikanischen Freunde: Selbst die sind ziemlich sicher weiter. Portugal müsste bei einer Niederlage von Klinsis Jungs mit 4 Toren Vorsprung gewinnen, Ghana reicht dagegen schon ein Sieg mit 2 Toren Vorsprung – vorausgesetzt, die USA verlieren nur mit einem Tor Unterschied.

Glaubt ihr alles nicht? Könnt ihr beim Tabellenrechner von kicker.de selber mal ausprobieren. Aber die BILD-Sport-Redakteure dürfen nun gerne weiter zittern…

Stoiber ist Weltmeister! Besiegt die Roth mit…

Ich mag ja eigentlich Günther Jauch. Darum habe ich mich auch total gefreut, dass er, wenn er schon nicht Bundeskanzler oder -Präsident wird, zumindest die wichtigste Talkshow des Deutschen Fernsehens am Sonntag Abend um… um… wann denn? Ich guck das nie…

Am Sonntag habe ich aber nach dem Länderspiel den Fernseher einfach mal angelassen. Es folgte Günther Jauch mit dem Thema „Fußball-WM in Barasilien – Fest oder Fiasko„. Das ist in mehreren Belangen ein saublöder Titel, denn er ist zunächst von der Formulierung her (gewohnt) zu nah am BILD-Schlagzeilen-Niveau und das ist nichts, mit dem man sich rühmen kann. Angeblich bekommt man mit gemäßigteren Titeln aber weniger Zuschauer, heißt es immer wieder gern. Ich behaupte mal: vielleicht kurzfristig, aber langfristig ist die Strategie  mit sachlicheren Titeln eher gewinnbringend – aber darum soll es hier ja gar nicht gehen.

Sondern eher um die zweite Ebene der bescheidenen Titel-Wahl, denn was ist denn überhaupt gemeint? Möchte Günther Jauch tatsächlich über ein sportliches Fest bzw. Fiasko reden? Und in Bezug worauf? Das gesamte Turnier? Die deutsche Mannschaft? Oder geht es doch eher um die Proteste in Brasilien? Im besten Fall kann man de Redaktion hier noch unterstellen, flexibel auf den Ausgang des vorangegangenen Spiels reagieren zu wollen und dementsprechend über die deutsche Mannschaft oder eben.. .alles andere zu sprechen.

Vielleicht muss man sich aber auch einfach mal die Gästeliste ansehen, um beurteilen zu können, worum es gehen soll. Da wäre zuerst Jens Lehmann, diese „Nominierung“ spricht wohl für eine sportliche Sendung, genauso wie die von Bela Rethy der zwar prinzipiell gar nicht geht, aber wohl elf Jahre in Brasilien gelebt hat – wie der Sprecher aus dem Off ankündigt. Gut, das klingt tatsächlich sportlich. Dann ist noch Peter Lohmeyer da, der Schaupsieler, der eigentlich immer bei Fußballthemen mit von der Diskussionspartie ist und der eigentlich immer nur von der romantischen zeit von Erfolgsfußball ohne Geld erzählt – aber Schalke-Fan ist… hmm… man kann darin einen Widerspruch sehen. Aber was macht er nun in der Runde? Genau, er wollte über Spielerprämien diskutieren, das ist zumindest konsequent, steht aber so nicht im Titel der Sendung.Und: Er ist immer ein toller Anlass Szenen aus dem schlimmen „Helden von Bern“-Film zu zeigen, der mich auf voller Länge zu Tode enttäuscht hat, aber wegen des Themas natürlich super sein muss und vermutlich bald wieder in der ARD läuft.

Fehlen noch zwei im Bunde! Bisher scheint es ja eher boulevardisch, sportlich zu werden. Aber jetzt: Da wäre zuerst Claudia Benedikta Roth unsere Fitze-Fatze-Präsidentin des Bundestags. Eigenartig, es geht nicht um Musik in den 60ern oder Energiepolitik, Oliver Geissen ist auch nicht vor Ort… was macht sie also da? Das kann sie später aufklären, sie war zuletzt in Katar und hat sich dort die Arbeitsbeding… Moment… Katar? Mal kurz auf der Karte gucken… nee, Katar ist keine Stadt in Brasilien, das ist dieses Land, wo 2022 die WM ausgetragen werden soll. Hmmm.. Ja.. aber gut, ein Politiker kann ja dennoch nicht schaden, wenn es um politisch motivierte Proteste geht.

Und genau aus diesem Grund wurde die politische Front noch mit dem 10-Minuten-Mann garniert, Edmund „The Schadbär“ Stoiber. Was er mit Brasilien am Zuckerhut (Pa-Tusch!) hat, konnte ich die ganze Sendung über nicht erkennen – er vermutlich auch nicht. Aber er lieferte sich ein überflüssiges Wortgefecht mit Peter Lohmeyer über Spielergehälter, Etats und Prämien. In diesem Kontext wurde sogar noch eine Rede von Uli Hoeneß aus 2007 eingespielt, in der er auf einer Vereinsversammlung die Fans angekackt hatte. Uli Hoeneß… war das nicht dieser… ach… egal. Das Ergebnis war, Peter Lohmeyer wäre doch irgendwie lieber Fan von Mainz 05 oder einem Verein der so ist wie Mainz 05.

Dann ging es unter anderem auch um den Unfall beim PR-Event mit Mercedes, wo sich natürlich Frau Roth über die Fahrt an sich und die Äußerungen von Oliver Bierhoff berufsbedingt echauffierte. Warum man denn solch gefährliche Dinge mache – okay… gut, kann man vermutlich drüber diskutieren, wenn man… ach Gott, nee… und dann aber auch im Zusammenhang mit „so kurz vor einer so wichtigen WM“. Ähm häh?! Ein Mensch schwer verletzt worden, da ist der Zeitpunkt dann doch eher wurscht. Hier sollten sich die Laberbacken aka Diskutanten doch tatsächlich mal einig werden, welchen Dreh sie dem Thema geben wollen. Entweder: Die armen Spieler werden vor einem Turnier geschockt und sind kaum noch leistungsfähig. Oder: Solche Aktionen gefährden Menschenleben und sind generell böse. Meine Meinung: Beides Quark.

Sehr putzig war, als Günther Jauch mit aller Ernsthaftigkeit nachfragte ob die Führerschein-Affäre von Jogi Löw oder die Pinkelaffäre von Kevin Großkreutz nicht das Spiel der Mannschaft beeinflussen und dann (unterstützt von Benedikta) aber auch partout nicht glauben wollte, als Lehmann erklärte, dass das während dem Spiel und eigentlich auch so generell den Spielern total Wumpe ist. Ich erspare mir hier den kurzen Ausflug zu „Spieler sind doch Vorbilder“ und Bela Rethys „aber warum muss das denn so?“ weiter auszuführen.

Das Lustige, es ging 45 Minuten lang nicht mit einer Wortsilbe um Bra- oder -silien und das bei einer Sendungslänge von 60 Minuten. Aber als man schon nicht mehr damit rechnete, kam 15 Minuten vor dem Ende plötzlich das angekündigte Thema aufs Tableau und es folgte der große Auftritt von… Bela Rethy. Denn – die aufmerksamen Leser dieses beitrags erinnern sich – Bela Rethy hat  elf Jahre seines Lebens in Brasilien gelebt. Da muss ich zugeben, dass man ihm dann durchaus eine gewisse Kompetenz bezüglich der brasilianischen Kultur… ach gut, nein, er hat seine ersten elf(!) Lebensjahre in Brasilien gelebt. Ich wiederhole das besser nochmal: Die_ersten_elf_Lebensjahre! Er erzählte dann von Public Hearing mit Radios im Stadtpark von irgendwo… und blaaaaaaaaaa (da war bei mir dieses Schutzfiepen im Ohr; kommt immer wenn Rethy spricht, um mein Hirn zu schützen). Das Thema war aber dann doch recht schnell ausschöpfend durch, weil wirklich keiner der Gäste irgend etwas Mehrwertiges oder Erhellendes zu den Protesten sagen konnte. Warum finden die statt, wie sind die Prognosen zur WM, welche Rolle spielt die FIFA, warum sind genau diese Gäste dann zu diesem Thema in der Sendung usw. Viel schlimmer: Irgendwer sagte das „Katar-Wort“ und schwupps war die Gruppe plötzlich bei 50 Grad und da kann man nicht Fußballspielen. Selbst hier wollte sich niemand auf einer tiefergehende Diskussion zu den Arbeitsbedingungen, Sklavenhaltung usw. äußern.

Schlussendlich würde ich gerne noch den „viel geredet – völlig Zusammenhanglos“-Preis an Herrn Stoiber verleihen, ein klarer Favoritensieg! Toll.

 

kraut, rüben und reporter

Seit dem 13.05.2014 gibt es das wichtige Crowdfunding-Projekt „krautreporter.de„.

Einschub: Crowdfunding bedeutet, dass die Leute, die sich für ein Projekt begeistern finanziell in gewisser Weise in Vorleistung gehen und das Ding unterstützen, das sind dann die sog. „Backer“. Wenn ein von den Initiatoren gesetztes Ziel in einem vorher gesetzten Zeitrahmen erreicht wird, müssen/dürfen dann alle Backer (achja, gesprochen „Bäcker“, wie das Brot) zahlen und das Projekt kommt zustande. Wird ein Ziel nicht erreicht, dann fließt auch kein Geld. Ich selber habe bereits ein Kunstprojekt in Melbourne von meiner tollen mexikanischen Freundin Sissy gebackt und das jüngste Filmprojekt von Zack Braff.

Nun aber zu krautreporter! Der ziemlich bescheuerte Name (japp, tatsächlich ziemlich blöd) soll euch bitte nicht daran hindern, dieses Projekt zu unterstützen. Hier haben sich einige sehr renommierte Journalisten zusammen getan und wollen eine Reportage-Website gründen, die nicht werbefinanziert ist und eben ganz anders funktioniert als Spiegel Online, FAZ, Zeit, SZ usw. Dabei steht die gründliche Recherche der Geschichten im Vordergrund, nicht der erste zu sein, der weiß, dass Kate Perry einen neuen Freund hat. Drei teilnehmende Journalisten, die ich sehr zu schätzen weiß, sind Peer Schader, Stefan Niggemeier und Jens Weinreich, deren Texte ich immer mit viel Begeisterung lese.

Die krautreporter zu unterstützen kostet gerade mal 5 Euro pro Monat, also 60 Euro pro Jahr – das ist weniger als so manches Zeitungs-Abo. Was ihr dafür bekommt, solltet ihr auf der Website durchlesen. Damit krautreporter wirklich live geht, bedarf es 15.000 Backer bis zum 13.06.14. Ich werde in diesen Tagen einer dieser Backer werden. Ihr könnt aber natürlich einfach nichts zahlen und hoffen, dass sich 15.000 Idealisten zusammen finden, denn die Artikel werden nicht hinter einer Paywall verschwinden. Sie werden aber auch nicht mit Werbebannern oder sonstigen Promotion-Aktionen verseucht sein. Ich finde, diese Art Journalismus ist sehr gerne 5 Euro pro Monat wert.

Jetzt hab ich hier viel getextet, schaut euch doch besser einfach mal die Homepage (wenn ihr dort immer weiter runterscrollt findet ihr die beteiligten Journalisten und ein paar FAQs) und auch das Erklär-Bär-Video:

[Anm.d.Red.: Wäre ich nicht so faul, würde ich jetzt meinen Beitrag von vor… 2 Jahren raussuchen, wo ich geschrieben habe, dass die Online-Magazine die Autoren in den Vordergrund stellen sollten, weil ich Artikel von bestimmten Autoren lesen will und die auch einzeln bezahlen würde (Stichwort: Mikrotransaktionen). Da ist es mir sekundär auf welcher Website das steht. Das hier geht in die Richtung und ich will mich bestätigt fühlen!]

Poetry Slam poppt und goethet nicht

Irgendwann letzte Woche, zerspratzelte mein Internet bzw. insbesondere Facebook in einer Explosion die aussah wie Julia Engelmann. Wer ist Julia Engelmann, und warum ist euer Internet nicht explodiert, fragen nun vermutlich diejenigen unter euch, die Facebook nicht nutzen?

Nun, Julia Engelmann hat im Frühling 2013 am Poetry Slam der Uni Bielefeld teilgenommen. Dort hat sie einen Text aufgesagt, der nun plötzlich unfassbare Aufmerksamkeit hervorrief, weil irgendein Social-Media-Multiplikator-Mensch mit verflucht vielen Followern ihn gesehen und geteilt hat. Ich glaube jeder meiner zahlreichen deutschsprachigen FB-Bekanntschaften hat dieses Video gepostet, geteilt und kommentiert – und zwar durchweg positiv kommentiert. All ihr da „draußen“ – bildlich zu verstehen – die nicht in diesem Facebook sind, hier ist mal das Video, von dem ihr vielleicht noch nichts gelesen/gehört habt:

So, nun könnt ihr euch auch selber ein Bild machen. Ich finde, es handelt sich um einen sehr schönen Text, der mit einem Liedtext einleitet und sich  sehr schön poppig aufstellt – inhaltlich. Das beziehe ich jetzt mal auf die Message und auch die Tiefe des Textes. Mir ging der Text irgendwie nah und hat mich zum Denken angeregt, ob ich das Gefühl habe, ich verpasse mit meinem Lebensstil etwas, ob ich lockerer werden sollte ob das Konzept, wie wir unser Leben leben, so richtig ist oder ob ich nicht auch für mehr Kreativität, Ausleben, Verrücktheit usw. plädieren sollte (ohne es selber umsetzen zu wollen). Ich habe sogar nachgedacht, warum ich so bin, wie ich bin. Gut… mach ich alles öfter, aber nun hatte es einen konkreten Anlass. So wie böllern an Silvester! Aber genug von mir…

Wie gesagt, waren die ersten Reaktionen positiv – dann irgendwann kamen vorhersehbar die Nörgler. Irgendwas müssen die, denen Wetten-Dass nicht philosophisch genug ist (Moderatotion mal beiseite) ja auch tun, wenn gerade nicht gewettet wird. Und diese Nörgler fanden den Text viel zu seicht, einfach, tumb und überhaupt ist Julia Schauspielerin (!!! achso.. nennt man die Darsteller von „Unter uns“ jetzt kontextsensitiv – wenn es in die Argumentation passt – doch Schauspieler!?) und das alles sei von ihr durchchoreographiert. Bei einer Poetry-Slammerin (ich finde gerade den Link nicht mehr) mischte sich zudem noch eine unverschämte Menge Neid in ihren Blogeintrag, denn schließlich versuche sie seit Jahren, mit ihren Texten die Massen vergeblich zu begeistern.

Und ab hier kotzte mich die ganze Geschichte nur noch an. Ich möchte das aber mal auseinanderfriemeln.

  1. Schauspielerin, durchchoreographiert: Ja, ich fürchte, diesen „Vorwurf“ kann man ihr machen. Wenn das denn wirklich zutrifft, dann ist sie tatsächlich eine tolle Schauspielerin, zumindest hat sie sich dann nachhaltig für die Rolle des schüchternen Mädchens empfohlen. Vor allem aber zählt doch, dass es sich hier um einen Poerty-Slam Wettbewerb handelt und wenn man auf der Bühne steht, performt man doch immer. Jeder der Vorleser dort, choreographiert doch seinen text mit Gesten usw. ich verstehe diesen Vorwurf nicht. Und wie sie ihren text vorgeretagen hat, passte perfekt!
  2. Der Text ist zu einfach, zu seicht: Muss es denn immer Hochkultur sein? Jaja, wir sind ein Volk der Dichter und Denker und alles was nicht Mozart ist ist schlechte Musik und unser Fernsehprogramm ist immer Mist und verdummt. Humbug! Wir sollten einfach mal ein bisschen lockerer werden. Der Text von Julia Engelmann ist Folklore, er spricht vielen Menschen aus dem Herzen, denn jeder kann und ist intelektuell in der Lage seine ganz eigene Lebensart, seine Versäumnisse und seine Wünsche in ihn hineininterpretieren. Der ein oder andere wird sagen, dass die darin geäusserten Lebenskonzepte naiv sind, aber so versteht sie doch eben jeder. Man betrachte ihn als Denkanstoß! Und das ist ja alles auch nur konsequent, denn der Text beginnt mit einem Pop-Liedtext und will auch schon daher gar nicht viel mehr sein, als ein Pop-Poetry-Text (unterstelle ich). Himmel-Herr-Gott, sie bezieht sich im Text selber sogar auf Pop-Sängerinnen. Hätte sie es sich hochkulturiger gewünscht, hätte sie vielleicht mit dem (unfassbar beschissenen) Erlkönig begonnen.
  3. Neid: Ein Kumpel von mir hat mal gesagt, das Eric Clapton gar kein wirklich herausragender Gitarrenspieler ist, sondern eher so Durchschnitt. Lassen wir das mal so dahingestellt und behaupten dass das so stimmt. Aber nun, frage ich, wie egal das eigentlich ist. Denn er macht Musik, die Millionen Menschen gefällt. Vielleicht gibt es Milliarden Gitarristen, die besser sind als Clapton, aber anscheinend treffen die den richtigen Ton nicht. Die dürfen sich nun gerne alle beschweren, oder mal überlegen, ob sie mit ihrer Art Gitarre zu spielen, nicht vielleicht ein anderes Publikum erreichen, dass ihnen vielleicht dann auch wichtiger ist – sonst sollen sie halt anders Gitarre spielen… schlechter, wenn es denn hilft.

Ich möchte dafür plädieren, ab und an auch einfach mal Sachen scheisse finden zu können. Das kann man – wenn man gefragt wird – dann auch mal kundtun. Aber niemand zwingt einen gründe anzubringen. Manchmal fühlt sich etwas einfach falsch/mistig/blöd an und dann ist das eben so. Da muss es keine Gründe für geben, man muss vor allem nicht zwanghaft nach welchen suchen, die bei vergleichender Prüfung eh keine 3 Minuten stand halten.

Den Wettbewerb gewonnen hat übrigens Jan Philipp Zymny mit einem hervorragend lustigen Text (kann ich jedem empfehlen) – auch choreographiert. Ich bin durch Julia Engelmann auf ihn und auf die Poetry-Slam-Szene aufmerksam(er) geworden und werde vielleicht mal versuchen Annika zu einem Besuch bei einem Poetry Slam zu bewegen – das ist auch Julias Schuld. Das darf man ihr auch mal zu Gute halten, statt über Choreographie, mangelnde Authentizität und Einfachheit zu schwadronieren. Sie darf durchaus einfach mal in den Medien gefeiert werden (wenn es denn sein muss) – so wie Lady Gaga, Rihanna, Robbie Williams usw.

Der Spiegel liest Twitter

Aus gegebenem Anlass – einer kurzen einvernehmlichen Diskussion mit einem Kollegen – entsteht dieser kurze Eintrag in meinem Blog. Und am Ende gibt es noch eine kurze Einschätzung zum Erfolg von Paid-Content im Nachrichtenportalbereich.

Gestern haben sich Frau Slomka vom ZDF und Super-Siggi von der SPD kurz live im TV gestritten. Wäre nun gar nichts los auf dieser Welt, wäre das tatsächlich und ganz vielleicht eine Meldung in einem seriösen Nachrichten-Online-Medium wert. Gut vielleicht wäre es in jedem Fall unter der Rubrik „Buntes“ oder „Panorama“, „Klatsch und Tratsch“ okay, den Disput zu erwähnen und das zugehörige Video zu verlinken. (übrigens wird das Video dem Hype der Texte bei SZ, Spiegel und FAZ allerdings dann doch nicht gerecht wird – deswegen verlinke ich es auch nicht)

Nun pflichtete ich – und ich komme zu aktuellen Anlass – meinem Kollegen bei, der sagte, dass solch ein Quatsch eigentlich nur ins Internet „gedruckt“ wird, damit sich auf der entspechenden Seite möglichst oft etwas tut, sie nicht zu statisch rüberkommt. Der Spiegel tut es nun diversen TV-Sendungen gleich, die meinen, es wäre mehrwertig, etwas aus Twitter vorzulesen. Er nutzt seine Storify-Lizenz – da kann man ganz flink per Drag’n’Drop schicke Timelines zb. mit Twitter-Einträgen und eigener URL erstellen – und druckt… Kommentare von Twitterusern ab. Ernsthaft… und völlig humorbefreit in der Rubrik „Poltik/Deutschland“. Hier das Beweisfoto vom Tatort:

spontwit

Ich wundere mich doch immer wieder, dass Journalisten einfach nicht verstehen wollen, dass:

  1. nicht alles worüber in Blogs und bei Twitter, Facebook usw. gebrabbelt wird auch nur ansatzweise Nachrichtenwert hat.
  2. diese Art der Berichterstattung und die Fokussierung auf möglichst viel Action auf der Seite = PageImprressions irgendwann auch mal dem Verlag schadet.

In diesem Fall:

Lieber Spiegel, wenn mich tatsächlich interessiert, was bei Twitter über das gestrige Wortgefecht zwischen Super-Siggi und Frau Slomka geschrieben wird, nutze ich einfach die auf Twitter wenig versteckte – will heißen: gut sichtbare – Suchfunktion. Und zack, komme ich zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Oder ich benutze dieses Google… und eigentlich wäre das sogar besser, denn eigentlich wolltet ihr eure Presseerzeugnisse da ja nicht mehr anzeigen lassen. Oder so ähnlich, nicht wahr?

Aber mal Ernsthaft:

Klar, es gibt immer eine wichtigere Ereignis auf der Welt, über das man berichten könnte. Und ab und zu mal etwas Triviales, aufheiterndes über Beckham, Brangelina und co. ist ja auch vollkommen in Ordnung… aber in diesem Fall kommt im Vergleich ein Thema nun wirklich viel zu kurz.Und das darf man den Medien dann schon vorwerfen.

Ich wünsche mir dass die Verlage und Redaktionen (wie man denn will) den unendlichen Platz im Web nutzen, um zum Beispiel zu schreiben, wie es gerade auf den Phillippinen ausschaut, statt bei Twitter. Klar, das ist teurer und aufwendiger und vermutlich schlagen dann nicht mehr minutenweise Meldungen auf der Homepage ein und vermutlich klicken den Artikel auch weniger Menschen an. Aber zu meinen, sich über solche Quatschtexte wie oben genannt mit Paid-Content finanzieren zu können ist hanebüchen! Und japp, damit irgendwann mal eine relevante Anzahl menschen Paid-Content-Abos abschließt, muss man in Vorleistung gehen. Ich glaube – ach was – ich bin mir sicher, dass die Leute, die mit Freude nur Berichte wie den Twittervorleser hier konsumieren, kein Geld zahlen um die Paywall zu überwinden. Also helfen die jetzt generierten Klicks langfristig gar nicht, sie schaden eher, denn sie versauen das Image, die Reputation.

Denn zumindest ich zahle nur dann für Content, wenn ich eine Ahnung habe, dass da auch was Vernünftiges bei rum kommt. Wenn ich damit rechnen muss, dass mir der Spiegel (oder andere Medien) für mein Geld Twitter vorliest… nein Danke!