Ich finde es ja immer wieder extrem bemerkenswert, wie leicht man sich ab einer gewissen Position auf der Karriereleiter einfach mit Unkenntnis aus Problemen herausreden kann. Gut, unser Verteidigungsminister ist damit gerade noch nicht ganz so erfolgreich, aber wenn er noch… na… ein bis zwei Wochen durchhält, dürfte das Gröbste auch für ihn geschafft sein und er darf sich in den Bundestagswahlkampf stürzen. Vermutlich darf er sich aber bei Gruppenfotos nicht mehr allzu nah an unsere Kanzlerin stellen und muss sich auch ab Herbst einen neuen Job suchen.
In diesem Kontext (und auch nur diesem Kontext) ist auch der erste Fauxpas des ehemaligen Bildmannes und neuen Sprechers Rolf Kleine des… ja was ist der eigentlich… also von Peer Steinbrück interessant. Der hatte wohl in einem Facebook-Posting Philipp Rösler latent rassistisch angegangen und wollte bzw. hat sich dann mit mangelhafter Computeraffinität bei Spiegel Online rausgeredet. Sich mit Computern nicht auszukennen und auch nicht auskennen zu wollen, kommt in Deutschland erschreckender Weise ja noch immer wieder recht gut an, von daher war diese Sich-um-Kopf-und-Kragen-Reden-Strategie-Idee ja generell gar nicht… doch, die war scheisse!
Also wenn ich Sprecher einer Person bin, die offiziell Kanzler werden will, also Kommunikation auf allen analogen und digitalen Wegen in (sehr naher) Zukunft mein Kernarbeitsfeld ist und ich dann ernsthaft behaupte (ohne das mich jemand ohrfeigt), ich hätte gedacht, ein Bild, dass ich bei Facebook veröffentliche, seie nur für meine Freunde sichtbar, der ist… einfach ungeeignet. Für jemanden, der sich beruflich um den Bereich Kommunikation kümmern soll, für einen Kanzleranwärter, dem darf man schon zutrauen, dass er weiß, wo die Privatsphäre-Einstellungen-Seite bei Facebook ist und wie sie funktioniert. Wir reden hier ja von dem entscheidenden Mann in Steinbrücks Kommunikationsteam, nicht irgendeinem kleinen Bereichsleiter. Sich dann mit Unkenntiss rauzureden, kann doch nicht sein Ernst sein! Dem Herren soll man nun wirklich abkaufen, dasss er nicht computeraffin ist? Ganz ehrlich? Ich weiß gerade nicht, was schlimmer ist. Einen Chauffeur einzustellen, der nach einem Unfall behauptet, er wüsste nicht, was diese bunten runden und eckigen Schilder bedeuten, die da überall am Starßenrand stehen oder einen, der wirklich keinen Führerschein hat…
Und welches Team von Steinbrück hat den Mann eigentlich vor der Verpflichtung NICHT gescannt?! Macht man das nicht so? Mir wird immer wieder erzählt, ich müsste mit meinem Blog, Facebook usw. total aufpassen, weil die Personaler in diesem Land nix anderes/besseres zu tun haben, als diese Profile zu checken, zu analysieren und – im Speziellen – mich dann doof zu finden. Macht das bei Steinbrück keiner? Ist das Posting aus dem Februar niemandem aufgefallen? Hätte man es dann nicht rechtzeitiger löschen können? Und seine Haltung zu Hartz IV aus seinen Bild-Kolumnen ist auch als unkritisch eingestuft worden? Naja, in Zukunft wird das ja leichter, da kann man wohl vermutlich einfach bei der NSA anfragen, die bauen sich doch da gerade so ein paar Profile von Internetnutzern auf, hab ich gehört.
Gut, kann natürlich sein, dass der Peer und der Dings dicke Kumpels sind, sich also eh aus dem Eff-Eff kennen, und da geht so eine Verpflichtung natürlich auf einer anderen privateren Ebene ab. Aber ist es dann nicht ein Zeichen von Proffesionalität, wenn ich in meinem Beraterstab jemanden habe, der mich dann trotzdem darauf hinweist, was bei dem Mann alles problematisch werden könnte!? Dann wäre man vorbereitet und müsste nicht sagen „weiss ich nix von…“.
Also wenn diese ganze Geschichte um Peer Steinbrück und seine Kanzlerkandidatur am Ende nur ein großer Witz von „Verstehen Sie Spaß“ sein sollte und am Ende Guido Cantz (der Moderator) aus der Torte springt, dann würde mich das nicht wundern.