Für Peer Steinbrücks SPD soll also „Gerechtigkeit“ das Schlagwort bzw. Motto des kommenden Wahlkampfes sein/werden. „Hmm…“, denk ich mirzuerst „was eine hohle Worthülse“, denke ich weiter. Gerechtigkeit ist ein Begriff, den jeder für sich selber definiert. Was ich für gerecht halte, muss für den Nachbarn noch lange nicht gerecht sein. Das macht das Motto – meiner bescheidenen Meinung nach – so schlecht. Es ist nicht glaubwürdig und auch überhaupt nicht griffig. Für jeden etwas anderes, man kann sich schwer mit anderen Menschen inhaltlich darüber unterhalten.
Wenn man dagegen mal den Obama-Slogan „Yes we can“ setzt, sagt der natürlich auch inhaltlich gar nichts aus, aber er spricht jeden Wähler an, „ja ich kann was erreichen“ und was das ist, bleibt mir selber überlassen. Größer noch, es bleibt uns, der Gesellschaft überlassen. Wir können etwas erreichen. Hier ist die Gefahr zu enttäuschen viel geringer, weil hier nicht Gerechtigkeit versprochen wird, sondern die Gesellschaft könnte – wenn sie denn wollte – Gerechtigkeit selber erreichen. Leider funktioniert so ein Spruch in Deutschland nicht, dafür fehlt uns so ein wenig die – hach wie sagt man das – der romantische Gedanke? Ein bisschen Pathos? Fantasie? Wir mögen eher die klare Ansage, glaube ich.
Also doch Gerechtigkeit? Könnte man meinen, aber ich finde, es gibt hier noch die Ebene Steinbrück. Generell kommt er ja recht kämpferisch rüber und für Gerechtigkeit muss man schließlich kämpfen. Steinmeier und Gerechtigkeit wäre so „pffff“, weil Steinmeier nimmt man den Kämpfer nicht so ab. Also von daher würde der Slogan schon gut passen, wäre da nicht… Steinbrück. Die Debatte um die hohen Bezüge aus den Reden die er hält, gerne auch vor Bänkern, dann jetzt der kleine Aufschrei, dass ein Gesetz in seiner Amtszeit von der Bankenlobby komplett geschrieben würde, kratzt an seiner Gerechtigkeits-Glaubwürdigkeit. Kann jemand, der für 2 Stunden erzählen 25.000 Euro kassiert wirklich für Gerechtigkeit in der Gesellschaft stehen? Ich finde nicht. Mein erster Gedanke war – und ich bin da hoffentlich mal repräsentativ für viele im Land – „ne, mein Freund, ich kauf dir vieles ab, aber für Gerechtigkeit stehst du nicht!“.
Im Interview mit der SZ, spricht er dann noch davon, dass – wenn es bei Wahlen nach Beliebtheit ginge – in Amerkia Donald Duck im Senat säße. Das ist natürlich totaler Unfug! Donald Duck gibt es doch gar nicht wirklich… Mensch Peeeer! Aber man gewinnt Wahlen auch nicht dadurch, dass man ein weltfremder, mindestens unfreundlicher, Haudrauf ist. Er bezog diese Aussage übrigens auf die Beleibtheit Merkels – die mir persönlich zwar total unverständlich ist – aber die sie schon zweimal ins Kanzleramt gebracht hat. Die Leute haben sie ja nicht trotz einer Zuneigung zu ihr gewählt, sondern mindestens auch wegen dieser.
Er spricht von dem „schnöden Individualismus“ von denen da oben, ohne zu realisieren, dass er spätestens seit der letzten Debatte um seine Einkünfte in der Rezeption der meisten selber als einer „von da oben“ wahrgenommen wird. So wird das nichts. Peer Steinbrück hat die falschen Berater, die falsche Agentur. [Anm.d.Red.: Ein kleiner Tipp an die Grünen: Den Herrn kretschmann aus BW abberufen und als „Kanzler“kandidat aufstellen. Ich würde mit mindestens 18% rechnen (diue FDP kennt diese Zahl) – die CDU gibt sich nämlich gerade auffällig viel Mühe, die Grünen als die wahren Spießbürger hinzustellen. Das seien sie gar nicht selber! Also wirklich, wie unverschämt!]
Steinbrück wäre der richtige Kandidat für die CDU wenn Deutschland wirtschaftlich am Boden läge (der SPD spricht man die wirtschaftliche Kompetenz ja generell ab – Unfug!). Da wo (angeblich) starke Worte gebraucht werden. Deutschland ist aber irgendwie in einem „nicht Fisch, nicht Fleisch“-Status. Die Menschen warten eher ob, ob es plötzlich abwärts geht („Ich hab datt doch immer gesagt, datt datt nicht gut gehen kann!“) oder aufwärts („Siehste mal, wir Deutschen können es einfach, die Sch****-Amis mit ihrem Larifari-Driss, do!“). In dieser Wartehaltung ist Angela Merkel irgendwie die richtige. Man möchte beim Warten schließlich nicht angebrüllt werden, man möchte aufmerksam beobachten und dann schauen, welche Kassenschlange sich schneller fortbewegt, um sich dort anzustellen.