Der Spiegel liest Twitter

Aus gegebenem Anlass – einer kurzen einvernehmlichen Diskussion mit einem Kollegen – entsteht dieser kurze Eintrag in meinem Blog. Und am Ende gibt es noch eine kurze Einschätzung zum Erfolg von Paid-Content im Nachrichtenportalbereich.

Gestern haben sich Frau Slomka vom ZDF und Super-Siggi von der SPD kurz live im TV gestritten. Wäre nun gar nichts los auf dieser Welt, wäre das tatsächlich und ganz vielleicht eine Meldung in einem seriösen Nachrichten-Online-Medium wert. Gut vielleicht wäre es in jedem Fall unter der Rubrik „Buntes“ oder „Panorama“, „Klatsch und Tratsch“ okay, den Disput zu erwähnen und das zugehörige Video zu verlinken. (übrigens wird das Video dem Hype der Texte bei SZ, Spiegel und FAZ allerdings dann doch nicht gerecht wird – deswegen verlinke ich es auch nicht)

Nun pflichtete ich – und ich komme zu aktuellen Anlass – meinem Kollegen bei, der sagte, dass solch ein Quatsch eigentlich nur ins Internet „gedruckt“ wird, damit sich auf der entspechenden Seite möglichst oft etwas tut, sie nicht zu statisch rüberkommt. Der Spiegel tut es nun diversen TV-Sendungen gleich, die meinen, es wäre mehrwertig, etwas aus Twitter vorzulesen. Er nutzt seine Storify-Lizenz – da kann man ganz flink per Drag’n’Drop schicke Timelines zb. mit Twitter-Einträgen und eigener URL erstellen – und druckt… Kommentare von Twitterusern ab. Ernsthaft… und völlig humorbefreit in der Rubrik „Poltik/Deutschland“. Hier das Beweisfoto vom Tatort:

spontwit

Ich wundere mich doch immer wieder, dass Journalisten einfach nicht verstehen wollen, dass:

  1. nicht alles worüber in Blogs und bei Twitter, Facebook usw. gebrabbelt wird auch nur ansatzweise Nachrichtenwert hat.
  2. diese Art der Berichterstattung und die Fokussierung auf möglichst viel Action auf der Seite = PageImprressions irgendwann auch mal dem Verlag schadet.

In diesem Fall:

Lieber Spiegel, wenn mich tatsächlich interessiert, was bei Twitter über das gestrige Wortgefecht zwischen Super-Siggi und Frau Slomka geschrieben wird, nutze ich einfach die auf Twitter wenig versteckte – will heißen: gut sichtbare – Suchfunktion. Und zack, komme ich zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Oder ich benutze dieses Google… und eigentlich wäre das sogar besser, denn eigentlich wolltet ihr eure Presseerzeugnisse da ja nicht mehr anzeigen lassen. Oder so ähnlich, nicht wahr?

Aber mal Ernsthaft:

Klar, es gibt immer eine wichtigere Ereignis auf der Welt, über das man berichten könnte. Und ab und zu mal etwas Triviales, aufheiterndes über Beckham, Brangelina und co. ist ja auch vollkommen in Ordnung… aber in diesem Fall kommt im Vergleich ein Thema nun wirklich viel zu kurz.Und das darf man den Medien dann schon vorwerfen.

Ich wünsche mir dass die Verlage und Redaktionen (wie man denn will) den unendlichen Platz im Web nutzen, um zum Beispiel zu schreiben, wie es gerade auf den Phillippinen ausschaut, statt bei Twitter. Klar, das ist teurer und aufwendiger und vermutlich schlagen dann nicht mehr minutenweise Meldungen auf der Homepage ein und vermutlich klicken den Artikel auch weniger Menschen an. Aber zu meinen, sich über solche Quatschtexte wie oben genannt mit Paid-Content finanzieren zu können ist hanebüchen! Und japp, damit irgendwann mal eine relevante Anzahl menschen Paid-Content-Abos abschließt, muss man in Vorleistung gehen. Ich glaube – ach was – ich bin mir sicher, dass die Leute, die mit Freude nur Berichte wie den Twittervorleser hier konsumieren, kein Geld zahlen um die Paywall zu überwinden. Also helfen die jetzt generierten Klicks langfristig gar nicht, sie schaden eher, denn sie versauen das Image, die Reputation.

Denn zumindest ich zahle nur dann für Content, wenn ich eine Ahnung habe, dass da auch was Vernünftiges bei rum kommt. Wenn ich damit rechnen muss, dass mir der Spiegel (oder andere Medien) für mein Geld Twitter vorliest… nein Danke!

 

das war überraschend okay

Ich habe gestern den ersten Tatort gesehen, den ich nicht vollkommen bescheiden fand. Das ist allerdings nicht so schwieirg… siehe hier und hier.

Ich habe die ersten zehn Minuten verpasst, was anfänglich zu ein bisschen Verwirrung geführt hat. Aha, es gibt also 4 Ermittler. Aha, der Bärtige hat einen Schuss – weil Frau und Kind mutmaßlich bei einem Unfall umgekommen sind.

Dieser Umstand soll u.a. die Basis legen, für die teilweise sehr intensiven Szenen, in denen zwei der vier Ermittler Tatvorgänge nachstellen. Dass die Dame dieses Duos sich ihre sexuelle Befriedigung bei Call-Boys holt und auch generel lso ein wenig nachdenklich daher kommt, verpast diesen Szenen noch eine Doppeldeutigkeit, denn so ein wenig scheint sie den Part des Opfers zu genießen oder zu erregen. Gut geschauspielert ist das allemal – und das von allen Beteiligten.

Mein Problem ist aber viel mehr, dass mich einfach das ganze Gesummse um die Tataufklärung herum nicht interessiert. Alle 6 Monate kommt mal wieder ein Ermittlerteam zum Zug und dann soll/darf ich auch noch an deren Privatleben teilhaben? Eigentlich interessiert mich bei dieser Konstellation doch viel mehr der Mord und dessen Aufklärung. Klar, ist es gut zu wissen, warum das Ermittlerteam teilweise so gebrochen daher kommt, gar keine Frage. Und ich würde auch auf jeden Fall dranbleiben, wenn ich wüsste, dass das Dortmunder Team jetzt 10 Wochen am Stück am Zug wäre – denn das Potential der Charaktere und deren Geschichten ist richtig gut. So aber sind mir die Figuren viel zu egal, warum sollte es sich lohnen, sich mit denen auseinander zu setzen?

Und mal noch ganz nebenbei, wer auch immer die Verfolgungsszene inszeniert hat, sollte das in Zukunft einfach lassen oder beim nächsten Versuch zumindest eine ordentlich fetzige Musik drunter legen. Zwei Leuten zuzusehen, wie sie sich bei klassischer Fahrstuhlmusik verfolgen ist… langweilig. Mal ganz davon abgesehen, dass die Verfolgungsjagd generell auch nicht wirklich notwendig war – also dramaturgisch. Ein bisschen mehr Selbstvertrauen, dass man für einen gelungenen Krimi keine Actionsequenz braucht, ist da schon angebracht.

Noch dazu habe ich auch wirklich nach drei Minuten verstanden, dass Dortmund echt ein trostloser Ort sein muss. Der Trübsaal-Bild-Filter, der ausgesucht wurde und über den ganzen Film gelegt wurde, ist echt sehr sehr… trübseelig. Viel mehr, als dass es den Realismus der Szenerie steigert, nimmt es dem Film das „nahe“ und „das kann wirklich so passieren“-Feeling. Der Filter macht diesen Tatort fiktionaler, als er sein will.

Vielleicht bin ich für dieses Format einfach nicht gemacht – mal abgesehen davon, dass ich mir beim Tatort allzu oft Laienschauspiel anschauen muss, wogegen sogar GZSZ wirkt wie eine Broadwayaufführung – und das in den Hauptrollen. Dieses Warten, bis in gefühlten drei Jahren mal wieder ein Ermittlerteam ins Fernsehen kommt, dass mich dann doch irgendwie packt, liegt mir nicht.

The Goldbergs – Eine Kritik

Kennt ihr noch die Serie „Wunderbare Jahre“? Einige von euch bestimmt. Das Intro war „With a little help from my friends“ von Joe Cocker, klingelt es jetzt? Es gab mal den Mythos, dass der jüdische Nachbarsjunge von Marylin Manson gespielt wurde (wurde er übrigens nicht). Noch immer keine Ahnung… dann hier mal das Intro:

Die Serie wurde aus dem Off erzählt, aus der Sicht des mitlerweile erwachsenen Hauptcharakters Kevin Arnold (Fred Savage). Und vermutlich fanden so ziemlich alle Jungs die Nachbarin, der Love Interest von Fred… darf man in dem Alter schon „Love Interest“ sprechen? Naja, jedenfalls fanden die wohl ziemlich viele Jungen toll. Die ganze Serie spielte in den späten 60ern bzw. frühen 70ern in den USA.

Seit Oktober 2013 gibt es eine Serie, die (nicht nur) im Prinzip genau das gleiche Konzept hat. Sie ist mit „The Goldbergs“ benannt nach dem Produzenten Adam Goldberg, der für so schöne Dinge wie „Entourage“ oder „My Name is Earl“ verantwortlich ist. Auch hier erleben wir die Geschichte erzählt aus dem Off und auch hier ist es der Hauptcharakter, der jüngste Sohn, der uns als Erwachsener die Geschichte erzählt. Die jüngeren Leser dieses Blogs, die die Serie „Wunderbare Jahre“ nicht kennen, dürfen sich das in etwa so vorstellen, wie bei „How I met your mother“, nur nicht so schlecht…

Aber zurück zu den Goldbergs. Wie bei den Arnolds, steht eine fünfköpfige Familie im Fokus, hier noch unterstützt durch einen Großvater – der wiederum so ein bisschen so ist, wie der Großvater aus „King of Queens“. Auch die Ausarbeitung der Charaktere ist quasi wie beim Vorbild. Der motzige Vater, der große, unverschämte, Gewalt anwendende Bruder, die eher tussige Schwester, ein schlauer aber irgendwie nerdiger und nicht wirklich bemerkenswerter Hauptcharakter… Nur die Mutter sticht durch ihr Erscheinungsbild und tolles schrulliges Schauspiel heraus.

Die wunderbaren Jahre zeichnete neben ihrem Humor auch aus, dass die Geschichten mit einer gerüttelt Maß Herzblut erzählt wurden. Es war natürlich ein bisschen heile Welt, dazu Humor und all das mit der so gerade eben richtigen Portion Gefühl erzählt. Dazu kommt, dass der Deutsche Erzähler auch eine fantastische Stimme hat(te). Bei den Goldbergs ist das leider ein wenig anders, die Serie ist sehr- leider bisher zu sehr – auf Lacher bzw. einen hohe Gag-Dichte getrimmt. Und das Problem ist, dass die nur selten wirklich zünden. Erzählerisch hat die Serie dabei nur wenig zu bieten und wenn es mal emotional werden soll, dann passt das in den sehr Gag-orientierten Aufbau nicht wirklich rein und wirkt somit deplatziert. Die Serie schafft es zumindest bei mir nicht, mich in eine Stimmung zu versetzen, wo ich lachen und kurz danach „ooooohhhh“ sagen kann.

Die Serie hat das Glück, dass der amerikanische Serienmarkt im Moment so ein wenig lahmt. Wirklich herausragende neue Serien gibt es eigentlich nicht. Im Januar kommt bei HBO eine neue Crimeserie ins Pay-TV, die wirklich verheißungsvoll ausschaut, mit Mattthew McConadingens und Woody Harrelson – True Detective (dringend den trailer ansehen). Gerade im Bereich Comedy gibt es außer dem durchschnttlich unterhaltsamen „Brooklyn 9-9“, dass sich doch sehr an Scrubs orientiert, nichts Herausragendes. Da fällt The Goldbergs eben auf…

Als Kind der 80er müsste mir The Goldbergs vom Setting her, eigentlich näher liegen, als die Serie über die 60er/70er. Aber so richtig begeistert mich eigentlich nur der Soundtrack, die schrullige 80er-Mucke passt halt einfach prima – logisch. Den ein oder anderen lustigen Moment gibt es schon und oft stellt sich so ein Gefühl von „ach richtig, so war das damals vor Flachbild-TVs, Handys und Internet“ ein. Das kann die Serie schon eine Zeit lang tragen. Aber dauerhaft erscheint mir das zu wenig.

Jeder, der das „Original“ nicht kennt, sollte sich die Goldbergs einmal ansehen – ich bin mir sicher, sie wird im deutschen Fernsehen bald auch ankommen und beim deutschen Publikum gut funktionieren (hallo Pro7) – alle, die aber die wunderbaren Jahre kennen, werden ständig daran erinnert werden. Die Serie entwickelt bisher einfach zu wenig eigenen Charakter und haut einem die Gemeinsamkeiten mit dem Vorbild permanent und offensichtlich um die Ohren. Sie ist ein bisschen so, als würde ein Musiker auf die verrückte Idee kommen, ein Lied aus den 80ern einfach nochmal neu – aber nicht zu neu- aufzunehmen und in die Charts zu bringen. Wie abweg… oh…

Ich hoffe, dass die Goldbergs sich bald von den Arnolds emanzipieren und Adam Goldberg uns eigene liebenswerte, lustige Geschichten erzählt und sich vielleicht auch mal an etwas Nachdenkliches oder Trauriges traut. Eine 80er-Jahre Copycat einer 60er/70er-Jahre-Serie braucht man dauerhaft aber nicht. Wer mal reinschauen möchte, hier ist der Trailer, der mit knappen 5 Minuten jedoch ein wenig lang geraten ist. Eine Folge ist mit den Sitcom-typischen 23 Minuten gar nicht so viel länger.

Telekolleg: Nudeln

Ich habe Annika gerade erklärt, warum die Spaghetti Spaghetti heißen und wollte euch auch an dieser Erklärung teilhaben lassen, denn die wenigsten wissen das. Also:

Die Kontinente waren ja früher einmal zusammen. Das heißt, dass Italien und Frankreich quasi eine Landmasse waren. Und nun kannten die zukünftigen Italiener das Baguette sehr gut, wollten aber tendenziell lieber etwas Warmes essen. Also haben sie – auch wegen der damals herrschenden Teigknappheit im zukünftigen Italien ganz dünne, lange Nudeln gemacht, die deshalb schon als Artverwandte des Baguettes gelten konnten.

Dennoch schien den Italienern es etwas einfach und falsch, die dünnen Teigstreifen einfach Baguettis zu nennen. Das „I“ am Ende, soll übrigens nur darauf hinweisen, dass man es hier mit etwas kleinerem zu tun hat… Jedenfalls mochten die zukünftigen Italiener auch Spargel. Und weil Spargel, Baguette und die zukünftigen Spaghettis eine sehr ähnliche Form haben, haben die Italiener einfach eine Wortmischung aus Baguette und Spargel geformt und so entstand der Begriff „Spaghetti“. Nicht mehr, nicht weniger!

Einfach diese Welt, oder?

Mit der Schaufel auf die Rübe

Die Debatte um das No-Spy-Abkommen und Asyl für Snowden wird immer grotesker (ein Einstieg, wie in einem Boulevardblatt oder der Rheinischen Post) – bzw. kann ich sie einfach inhaltlich nicht nachvollziehen…

Ich habe heute morgen im Radio gehört, dass man mit dem Asyl für Snowden sehr vorsichtig sein soll, damit man sich die Beziehungen zu Amerika nicht versaut. Aha. Nee, also dafür gibt es nun auch wirklich keinen Grund, wo die Beziehung doch so fantastisch sind! Wir sollten uns eigentlich noch viel mehr gefallen lassen, damit die bloß nicht böse auf uns werden, diese verlässlichen, vertrauenswürdigen USA…

Es ist schon interessant, wie der Partner der Beziehung, der ordentlich Mist gebaut hat, jetzt auch weiterhin im „Konflikt“ die Initiative hat. Anstatt dem Jungen, der uns mit der Schaufel im Sandkasten einen übergebraten hat, mal kurz die Konsequenzen aufzuzeigen (Swift-Abkommen, Freihandel…), bitten wir ihn darum, beim nächsten mal zuzuhauen, wenn wir gerade nicht hinsehen, damit er bloß weiterhin mit uns im Sandkasten spielt. Oder so…

Anstatt, dass wir verärgert sind, uns richtig aufplustern und mit brutalen Konsequenzen drohen, wie es zum Beispiel… hmm… na wer bloß… ach, die USA (!!!!)… also wie es die USA machen würden, hoffen wir, dass die Amerikaner nicht zu böse sind, wenn wir mal kurz erwähnen, ganz leise und geflüstert, dass wir mit der Spionage nicht ganz sooooo glücklich sind. Aber generell seie das jetzt ja auch nicht so schlimm ist, wenn nicht die Kanzlerin… Eine entschiedene, selbstbewusste Reaktion auf die Affäre, hätte es aber wirklich einfach mal sein dürfen! Denn mit so einer konsequenzlosen Duckmäuserreaktion wird man von Partnern auch in Zukunft nicht wirklich für voll genommen, was die eigenen Position nur noch mehr schwächt.

An Snowdens Stelle würde ich von einem Asyl in Deutschland generell Abstand nehmen, weil ich unserer Regierung nicht vertrauen würde, dass dieses Asyl auf ewig gilt. Oder tut es das rein rechtlich? Wenn die USA plötzlich aus dem Hut zaubern, dass Snowden… jeden Montag und Mittwoch kleine Elefantenbabys zum Nachmittagskaffee gegessen hat, dann erlischt das Asyl vielleicht? Scheindebatte.

Das No-Spy-Abkommen halte ich für putzig-lustig. Zunächst mal hat doch Herr Friedrich im August erklärt, dass die Amerikaner uns ganz nicht ausspähen (oder so ähnlich) und Herr Pofalla hat das dann auch noch einmal bestätigt. Ja wie jetzt!?!? Wofür brauchen wir dann ein Abkommen, an das sich – und das liegt ja auch irgendwie in der Natur von Geheimdiensten – keine Sau halten wird.

Nicht ganz unwahrscheinlich ist es, dass dieses Abkommen so schwammig formuliert wird (von wegen „Spionage auf deutschem Boden„), dass es eh schwierig wird, sich aktiv daran zu halten – geschweige denn, sich aktiv zu verweigern. Aber zumindest können Friedrich und Pofalla die ganze Geschichte um Spionage dann noch einmal so richtig und schriftlich fixiert für beendet erklären, und sich weiter von dem Jungen im Sandkasten den Hinterkopf mit der Schaufel demolieren lassen. Wie hat unsere Spezies auf diesem Planeten eigentlich so lange überlebt!?